Sonntag, 12. Dezember 2010

Das war die 49. Kalenderwoche: Frauenanteil - SPD - DDR - McKinsey


Da ist sie die Frage, nach dem Huhn und dem Ei. Die frauenpolitische Sprecherin der SPD, Caren Marks fordert die Frauenquote, um überhaupt etwas anzuschieben - in den Führungsetagen. Ist die Führungsriege erst mal weiblicher, werden sich auch die Strukturen ändern; erfrischend auch der Hinweis, dass ein Teil des Mangels an Fachkräften durchaus mit weiblicher Beteiligung aus eigener Kraft zu stemmen wäre.
Und wie war das eigentlich in der ehemaligen DDR? Gleiche Arbeit wurde gleich entlohnt, die Vereinbarkeit von Studium bzw. von Beruf und Mutterschaft war dank sozialistischer Strukturen leichter möglich als in der BRD. Recht traditionell erhielt sich aber das Frauenbild: "Dessousschauen" bei Weihnachtsfeiern oder "Blümchen und Sekt" am 8. März, und in der Politik gab es ohnehin nur Front-Männer. Die Verantwortung für Familienpflege und Kindererziehung blieb dann, vor allem nach gescheiterter Beziehung, in mütterlicher Hand. Das könnte vielleicht als Erklärung dienen, warum die Praxis vieler Betriebe weitgehend unwidersprochen blieb, nach der Wiedervereinigung bei Umstrukturierungen die gleichgestellten weiblichen Mitarbeiter zuerst zu kündigen. Der Mann als Ernährer stand unter Kündigungsschutz?
Der Frauenflucht in den Neuen Bundesländern wäre vielleicht doch mit einer Quote gegenzusteuern? Das könnte immerhin dazu führen, dass Frauen wenn schon nicht ausdrücklich im beruflichen Umfeld gefördert, so doch wenigstens nicht kaltgestellt werden. Einen sehr aufschlussreichen und wenig hoffnungsfrohen Bericht gibt die Thüringer Landeszeitung, unter: http://www.tlz.de/startseite/detail/-/specific/Viele-Frauen-waren-keine-Gewinner-der-Einheit-549613881
"Deutschland ist kein Frauenland" zieht Welt-Online das traurige Fazit und noch trauriger: Spanien ist uns über. Im Land der Toreros beläuft sich bei den größten börsennotierten Unternehmen der Frauenanteil in Aufsichtsräten auf 10%, in Worten: ZEHN PROZENT. Zur Erinnerung: in Deutschland sind es 2%, in Worten: ZWEI PROZENT. Das Thema steht beim südeuropäischen Nachbarn eben schon länger auf der Agenda als bei uns.
Hierzulande tut sich erst etwas in den Konzernen, wenn der Teil der Personalpolitik zur Chefsache wird. Eine Untersuchung der Unternehmensberatung McKinsey zeigt, "wenn CEOs und Aufsichtsratschefs Diversity ganz oben auf ihre strategische Agenda setzen und dies aus Überzeugung tun, haben wir eine reelle Chance, den Frauenanteil in Toppositionen wirklich spürbar zu erhöhen". Bei 86 Prozent dieser Unternehmen betrug der Frauenanteil in den oberen Etagen 15 Prozent. FÜNFZEHN PROZENT. Bis zur norwegischen Marke ist es allerdings noch ein weiter Weg. Eines der größten Karrierestolpersteine ist die mangelhafte bis miserable Selbstvermarktung von Frauen. Sich selbst anzupreisen und die eigenen Heldentaten zu verkünden, da fehlt es denn doch an jahrhundertelanger Erfahrung. http://www.welt.de/print/die_welt/wirtschaft/article11517593/Deutschland-ist-kein-Frauenland.html

Vielleicht im Dreischritt:
Frauenquote. Damit überhaupt etwas passiert.
Strukturwandel. Damit es auch funktioniert.
Wandel der Manns- und Frauen-Bilder. Für die Nachhaltigkeit.

Sonntag, 5. Dezember 2010

Das war die 48. Kalenderwoche: Gewalt – Vielehe – Strukturwandel - FußballerINen

 Jawoll: es gibt sie, die HeldEN, die ganzen Kerle, die RettER. Überlebenskünstler Rüdiger Nehberg, inzwischen 75 paddelt zwar nicht mehr mit einem Floß über den Atlantik und isst wohl auch keine Würmer mehr; nutzt aber diese kompromisslose Durchsetzungskraft, um sich gegen weibliche Genitalverstümmelung zu engagieren – nach der Lektüre von Waris Diries Buch "Wüstenblume". Dort wo Menschrechtsorganisationen der Mut aus Furcht vor Racheakten fehlt, dokumentiert er, diese grauenvollen Praktiken mit Bildern und zeigt sie muslimischen geistlichen Führern. Wichtiger Meilenstein: eine Konferenz an der ägyptischen Azhar-Universität führte dazu, dass dieser Brauch nun als "Sünde" einzustufen sei. (FAS 04.12.2010, Nr. 283, Z6 Bilder und Zeiten oder unter http://madrasaoftime.wordpress.com/)
Im Iran dagegen versuchen Regierung und muslimische Geistlichkeit die Uhren wieder zurückzudrehen und junge Frauen zur frühen Ehe und zur Ehe auf Zeit zu ermuntern. Mädchen ist eine Heirat mit 13 erlaubt - mit väterlichem Einverständnis auch früher. Eine eheliche Verbindung auf wenige Stunden, Tage oder Wochen betrachten dagegen iranische Familienoberhäupter der bürgerlichen Mittelschicht als sicheren Weg in die Prostitution; Koran hin, Tradition her. http://www.fr-online.de/politik/vielehe-fuers-regime/-/1472596/4894274/-/index.html
Die institutionalisierte Gewalt gegen Frauen ist in Deutschland weitgehend abgeschafft, nicht aber das Bewusstsein, dass mann ruhig mal zuschlagen kann. Susanne Lehmann, Autorin beim Zeit-Magazin, wird auf offener Straße von drei männlichen Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 17 fast zu Tode geprügelt. Grund? Weil sie so klein war. Auszüge ihrer Schilderung des Erlebten unter http://www.bild.de/BILD/news/2010/12/04/frau-auf-heimweg-ueberfallen/berlin-zeit-magazin-autorin-susanne-leinemann-berichtet.html
Allein in der Bundesrepublik belaufen sich die Folgekosten von Männergewalt auf ca. 14,5 Mrd. Euro jährlich. http://www.frauenhauskoordinierung.de/index.php?id=38 Welch schöne Programme ließen sich damit finanzieren, um Jungs ein zeitgemäßes männliches Selbstverständnis zu vermitteln. Rüdiger Nehberg könnte als Vorbild dienen und hätte vielleicht die ein oder andere Idee.
Die globale Initiative "Say no to violence"  gibt die Möglichkeit direkt vom Schreibtisch aus Stellung zu nehmen. http://www.saynotoviolence.org/
Immer wieder neu gilt es, die Wahrnehmung zu schulen: wo sind Denkstrukturen so verkrustet, dass Neues gar erst nicht gedacht werden kann. Den Blick über den Tellerrand wagen immerhin einige, wenige Unternehmen, die den gesamtgesellschaftlichen Aspekt der Nachwuchsfrage allmählich erkennen und an neuen Arbeitsmodellen arbeiten. Schöne, neue Welt? "Entschleunigung der Arbeitswelt trotz globaler Konkurrenz". Ich träume weiter: Ja, öffentlicher Raum und Geschäftsgebäude müssten anders gestaltet werden, Betriebskindergärten ebenso obligatorischer Bestandteil bei Gebäuden sein wie die Belüftung. Die Betreuung kranker Kinder würde zukünftig nicht allein auf den Schultern der Mütter liegen, sondern auch auf denen der Väter und Krankenkassen, die bei Bedarf die "mobile Kinderpflegerin" vorbei schicken.... http://www.fr-online.de/politik/meinung/jenseits-von-zickenkrieg-und-stoeckelschuh/-/1472602/4893642/-/index.html
Also gut! Ein Schritt nach dem anderem! Ein erster Wandel setzt ja schon ein, wenn Väter sich aus Konferenzen verabschieden, um die lieben Kleinen pünktlich vom Kindergarten abzuholen. Aber, wenn zwei das Gleiche tun, dann ist es noch lange nicht dasselbe. Verabschiedet sich ein ManagER aus dem Meeting, um den Nachwuchs zu betreuen, kommt das fast einer Heldentat gleich; meldet sich eine ManagerIN ab, ist der Beweis erbracht, dass sie dem Unternehmen wohl doch nicht uneingeschränkt zur Verfügung steht. Delegiert sie die Kinderbetreuung, trägt sie schnell das Etikett "Rabenmutter". Um die Entwicklung von Strukturen, die Geburt von Kindern und deren anschließende Erziehung nicht zum Betriebsunfall werden lassen, sondern zur notwendigen Grundlage einer wirtschaftlich und politisch funktionierenden Gesellschaft, macht man sich auch beim Nachbarn Österreich Gedanken. http://derstandard.at/1289609188779/Grossteil-der-Kinder-nicht-geplant
Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe. Unsere FußballweltmeisterINnen genießen bei weitem nicht die gleiche Aufmerksamkeit wie die männliche Fußballelf. Zwar im sportlichen Wettkampf geübt, gelingt es SportlerINen offenbar weniger, von den Medien adäquat wahrgenommen zu werden. Beim 5. Olympischen Abend der Deutschen Olympischen Gesellschaft kontert ZDF-Sportreporter Wolf-Dieter Poschmann und verabschiedete sich vorübergehend von seiner Moderatorenrolle: „Wen wir zeigen, hängt nicht vom Geschlecht, sondern von den Erfolgen ab". Ginge es danach, müssten ja auch die FußballweltmeisterINen in Sportsendungen präsenter sein. Gibt es eigentlich FußballtrainerINen?
http://www.dosb.de/de/sportentwicklung/frauen-im-sport/news/detail/news/faszination_olympia_frauenpower_im_sport/8251/cHash/40490f0dc3/