Zack, zack, zurück ins Körbchen? Unionsfraktionsvorsitzender
Volker Kauder kommandiert die CDU-Frauen auf Linie. Weibliche Parteimitglieder
durften in der Vergangenheit ein bisschen mit der gesetzlichen Frauenquote spielen, fraktionsübergreifend die Berliner Erklärung unterzeichnen, aber wenn es dann ernst wird – Schluss? "Nicht jede heikle Frage ist eine Gewissensfrage." (...) Vor allem bei Fragen, die in unserer
großen Volkspartei unterschiedlich bewertet werden, müssen wir zusammenhalten.
Nichts schadet uns mehr als Streit. Gerade die bürgerlichen Wähler schätzen
klare Positionen" (Volker Kauder in Die Welt, 11.04.13)
Wer vorher
nicht zur Diskussion bereit ist, riskiert den Streit. Das Thema steht seit
langem auf der Agenda und die Position der Abweichlerinnen
kommt nicht wirklich überraschend. Eine echte Auseinandersetzung hat –
zumindest für das zeitungslesende bürgerliche Publikum nicht stattgefunden. Klare Position heißt im Falle eines
Falles wohl, gegen die eigene Überzeugung und damit gegen das eigene Gewissen
abzustimmen. Zur Sicherheit wird dieser kulturell und individuell mühsam
errungenen Instanz schlicht die Kompetenz abgesprochen, sich bei gesellschaftlich
doch recht zentralen Fragen zu Homo-Ehe und Frauenquote einzuschalten. Fraktionszwang
macht eine Partei nicht notwendig glaubwürdiger. Dass nun Volker
Kauder die CDU-Damen zurückzupfeifen versucht, könnte angesichts des
bevorstehenden Wahlherbstes interessant werden. Manche (auch bürgerliche) Wählerin könnte nämlich vermuten, dass die CDU
am Ende doch die männlich dominierte Partei der alten Schule ist – allen
MinisterINnen und einer KanzlerIN zum Trotz. (Die sich auch gegen eine
gesetzliche Quotenregelung stellt - warum wohl?) Zu fragen wäre, ob das Politikverständnis wir-gegen-die-anderen oder: wenn-die-anderen-dafür-sind-müssen-wir-dagegen-sein, allein dazu dient, Claims abzustecken – pardon:
Positionen? Oder ob jetzt die Zeit gekommen ist, bestehende (Old-Boys-)Netzwerke aktiv zu schützen??
Mit der "Flexiquote" versucht die Bundesfamilienministerin,
Kristina Schröder, Quotenbefürworterinnen und –befürworter schon lange zu
überzeugen – oder zu vertrösten (?) – und der Partei eine Hintertür offen zu
halten. Angesichts zahlengestützter Fakten dürfte das nur unzureichend gelingen.
So hat der diesjährige Women-on-Board-Index (WoB-Index) wieder gezeigt, wie
langsam deutsche Unternehmensmühlen mahlen: "12
Jahre nach der Selbstverpflichtungserklärung der deutschen Wirtschaft, den
Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen, und 4 Jahre nach der Aufnahme
der Forderung nach mehr Vielfalt in den Deutschen Corporate Governance Kodex
liegt der kumulierte Anteil von Frauen bei 11,1 Prozent (Stand 31.03.2013). Bei
einem Zuwachs von 4,6 Prozentpunkten innerhalb der vergangenen 2 Jahre nur eine
marginale Verbesserung." Dank der Diskussion und der sehr konkreten
Drohung aus Brüssel gewinnen die Bemühungen aber an Schwung; gab es
2011 noch 74 frauenfreie Vorstandsetagen, so sind es nun 33. Dennoch: Spielräume
werden genutzt und ausgenutzt. Solange die zu rund 95 Prozent männlich besetzten
Vorstandsetagen sich in der Quotenfrage eines Volker Kauder und damit der CDU
und FDP sicher sein können, steht zu befürchten, dass die Flexiquote so
flexibel gehandhabt wird, dass am Ende alles bleibt wie es ist oder sich kaum
spürbar verändert. Sich selbst perpetuierende Systeme wandeln sich eben sehr,
sehr langsam, demographischer Wandel hin, Fachkräftemangel her.
Das lahme Argument, Frauen studierten eben nicht das Richtige,
um auf Führungsposten zu gelangen, versagt angesichts der Realitäten. Die
Initiativen ProQuote Medien e.V. und ProQuote Medizin, übrigens auch
von Männern unterzeichnet (!), zeigen dass der Markt
eben nicht automatisch funktioniert; denn in beiden Bereichen haben Frauen das Richtige studiert und stellen mindestens
die Hälfte der an der Basis Tätigen. In den Chefredaktionen bestimmen dagegen
rund 98 Prozent Männer welche Nachrichten wie in die Öffentlichkeit gelangen. 10
Prozent Frauen sind als Chefärztin dabei und rund 3 Prozent als Professorin
oder Dekanin einer medizinischen Fakultät für Lehre und Forschung mitverantwortlich.
Es geht um Claims und wir nähern uns empfindlich der Demarkationslinie.
Das wird dank der Gesetzesvorlage, über die am 18. April abgestimmt wird, nun
sichtbar. Volker Kauder traut seinen weiblichen Parteimitgliedern nicht. Basta,
Faust auf den Tisch? Die ohnehin fragile Koalition mit der FDP hat andere
Stürme überstanden und hier haben sich Kanzlerin und der Koalitionspartner
durchaus flexibel gezeigt (Stichwort: Eurobonds). Lassen sich die CDU-Frauen, die
mit der Berliner Erklärung für eine Frauenquote eingestanden sind, wieder hinter die
traditionelle Parteilinie zurückdrängen? Das wäre ein Verlust an
Glaubwürdigkeit, ein trauriges Signal und schade um die ganze vorangegangene
Arbeit.
In Sachen Frauenquote muss Kauder es für Merkel richten
Die Debatte über die Frauenquote bedroht die Koalition.
Kauder fordert Disziplin von CDU-Frauen
Berliner Erklärung
Pro Quote Medien e.V.
Initiative Pro Quote Medizin