Montag, 15. April 2013

Volker Kauder und die Frauen...


Zack, zack, zurück ins Körbchen? Unionsfraktionsvorsitzender Volker Kauder kommandiert die CDU-Frauen auf Linie. Weibliche Parteimitglieder durften in der Vergangenheit ein bisschen mit der gesetzlichen Frauenquote spielen, fraktionsübergreifend die Berliner Erklärung unterzeichnen, aber wenn es dann ernst wird – Schluss? "Nicht jede heikle Frage ist eine Gewissensfrage." (...) Vor allem bei Fragen, die in unserer großen Volkspartei unterschiedlich bewertet werden, müssen wir zusammenhalten. Nichts schadet uns mehr als Streit. Gerade die bürgerlichen Wähler schätzen klare Positionen" (Volker Kauder in Die Welt, 11.04.13) 
Wer vorher nicht zur Diskussion bereit ist, riskiert den Streit. Das Thema steht seit langem auf der Agenda und die Position der Abweichlerinnen kommt nicht wirklich überraschend. Eine echte Auseinandersetzung hat – zumindest für das zeitungslesende bürgerliche Publikum nicht stattgefunden. Klare Position heißt im Falle eines Falles wohl, gegen die eigene Überzeugung und damit gegen das eigene Gewissen abzustimmen. Zur Sicherheit wird dieser kulturell und individuell mühsam errungenen Instanz schlicht die Kompetenz abgesprochen, sich bei gesellschaftlich doch recht zentralen Fragen zu Homo-Ehe und Frauenquote einzuschalten. Fraktionszwang macht eine Partei nicht notwendig glaubwürdiger. Dass nun Volker Kauder die CDU-Damen zurückzupfeifen versucht, könnte angesichts des bevorstehenden Wahlherbstes interessant werden. Manche  (auch bürgerliche)  Wählerin könnte nämlich vermuten, dass die CDU am Ende doch die männlich dominierte Partei der alten Schule ist – allen MinisterINnen und einer KanzlerIN zum Trotz. (Die sich auch gegen eine gesetzliche Quotenregelung stellt - warum wohl?) Zu fragen wäre, ob das Politikverständnis wir-gegen-die-anderen oder: wenn-die-anderen-dafür-sind-müssen-wir-dagegen-sein, allein dazu dient, Claims abzustecken – pardon: Positionen? Oder ob jetzt die Zeit gekommen ist, bestehende (Old-Boys-)Netzwerke aktiv zu schützen?? 
Mit der "Flexiquote" versucht die Bundesfamilienministerin, Kristina Schröder, Quotenbefürworterinnen und –befürworter schon lange zu überzeugen – oder zu vertrösten (?) – und der Partei eine Hintertür offen zu halten. Angesichts zahlengestützter Fakten dürfte das nur unzureichend gelingen. So hat der diesjährige Women-on-Board-Index (WoB-Index) wieder gezeigt, wie langsam deutsche Unternehmensmühlen mahlen: "12 Jahre nach der Selbstverpflichtungserklärung der deutschen Wirtschaft, den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen, und 4 Jahre nach der Aufnahme der Forderung nach mehr Vielfalt in den Deutschen Corporate Governance Kodex liegt der kumulierte Anteil von Frauen bei 11,1 Prozent (Stand 31.03.2013). Bei einem Zuwachs von 4,6 Prozentpunkten innerhalb der vergangenen 2 Jahre nur eine marginale Verbesserung." Dank der Diskussion und der sehr konkreten Drohung aus Brüssel gewinnen die Bemühungen aber an Schwung; gab es 2011 noch 74 frauenfreie Vorstandsetagen, so sind es nun 33. Dennoch: Spielräume werden genutzt und ausgenutzt. Solange die zu rund 95 Prozent männlich besetzten Vorstandsetagen sich in der Quotenfrage eines Volker Kauder und damit der CDU und FDP sicher sein können, steht zu befürchten, dass die Flexiquote so flexibel gehandhabt wird, dass am Ende alles bleibt wie es ist oder sich kaum spürbar verändert. Sich selbst perpetuierende Systeme wandeln sich eben sehr, sehr langsam, demographischer Wandel hin, Fachkräftemangel her.
Das lahme Argument, Frauen studierten eben nicht das Richtige, um auf Führungsposten zu gelangen, versagt angesichts der Realitäten. Die Initiativen ProQuote Medien e.V. und ProQuote Medizin, übrigens auch von Männern unterzeichnet (!), zeigen dass der Markt eben nicht automatisch funktioniert; denn in beiden Bereichen haben Frauen das Richtige studiert und stellen mindestens die Hälfte der an der Basis Tätigen. In den Chefredaktionen bestimmen dagegen rund 98 Prozent Männer welche Nachrichten wie in die Öffentlichkeit gelangen. 10 Prozent Frauen sind als Chefärztin dabei und rund 3 Prozent als Professorin oder Dekanin einer medizinischen Fakultät für Lehre und Forschung mitverantwortlich.
Es geht um Claims und wir nähern uns empfindlich der Demarkationslinie. Das wird dank der Gesetzesvorlage, über die am 18. April abgestimmt wird, nun sichtbar. Volker Kauder traut seinen weiblichen Parteimitgliedern nicht. Basta, Faust auf den Tisch? Die ohnehin fragile Koalition mit der FDP hat andere Stürme überstanden und hier haben sich Kanzlerin und der Koalitionspartner durchaus flexibel gezeigt (Stichwort: Eurobonds). Lassen sich die CDU-Frauen, die mit der Berliner Erklärung für eine Frauenquote eingestanden sind, wieder hinter die traditionelle Parteilinie zurückdrängen? Das wäre ein Verlust an Glaubwürdigkeit, ein trauriges Signal und schade um die ganze vorangegangene Arbeit.

Kauder ermahnt Frauen der Unionsfraktion.
Handlungsfähigkeit der Koalition sei gefährdet, wenn eine Frauenquote für die Aufsichtsräte nicht abgelehnt wird.


In Sachen Frauenquote muss Kauder es für Merkel richten
Die Debatte über die Frauenquote bedroht die Koalition.

Kauder fordert Disziplin von CDU-Frauen

EU-Kommissarin verteidigt Frauenquote
Reding pocht auf eine feste Vereinbarung

Berliner Erklärung

Hier geht's zum WoB-Index (2013) - FidAR e.V. (Die Initiative für mehr Frauen in die Aufsichtsräte)

Pro Quote Medien e.V.

Initiative Pro Quote Medizin