Freitag, 26. November 2010

Das war die 47. Kalenderwoche: Quotenfrauen – Quotenmänner – Norwegen – deutsche Wirtschaft am Start?

"Männer in die Pantry (Schiffsküche), Frauen ans Steuer." ist auf dem Prospekt einer Berliner Segelschule zu lesen, den ich als letzte Beute der Berliner Bootsausstellung in die Tasche stecke. Die "besserwissende Männerwelt" ist aus manchen Kursen ausdrücklich verbannt. Frauen dürfen von schlauen Kommentaren unbelastet lernen; frei von Bemerkungen wie "also, mal ganz objektiv...", "logischerweise.." oder "kann nicht sein...". www.meer-seen.de
Jungunternehmerin Marie-Christine Ostermann, Vorsitzende des Verbands Die Jungen Unternehmer, hält eine Quote für ein Mehr an AufsichtsrätINnen für überflüssig und rät den Frauen lieber zu den richtigen Studienfächern. Immerhin wird das Fach Betriebswirtschaft im Durchschnitt von ca. 50% StudentINen wahrgenommen. Und trotzdem ist die Pole-Position eine andere, wenn frau im Alter von 27 das väterliche Unternehmen übernimmt und nicht – wie viele, viele andere – sich um den Job der GeschäftsführerIN extern bewerben muss. Dennoch: jede Frau in Führungspositionen zählt, vor allem als Vorsitzende beim BJU.
 http://www.abendblatt.de/wirtschaft/article1703020/Ostermann-Frauen-brauchen-keine-Quote.html
Ein etwas abweichendes Meinungsbild zeigt eine Umfrage bei Deutschlands Chefinnen, die Welt-Online im Sommer 2009 gestartet hat und nun bezeichnenderweise in einen Artikel eingebettet ist, der die Sorgen der Top-ManagER Deutschlands um ihren recht angekratzten Ruf zum Thema hat. Hier zeigt sich, dass 44% der Top-Managerinnen die Quote befürworten, während diejenigen, die lieber nicht als Quotenfrau in Amt und Würden sein wollen, sie temporär begrüßen. Interessant auch, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei den Managerinnen nach eigener Aussage kein Problem darstellt. Bemerkenswert sind die Angaben zur Motivation, die dem Streben nach Karriere zugrunde liegen. Nur 25% interessieren sich für Macht, 94% müssen begeistert von ihrer Aufgabe sein, um ihre Karriere engagiert voranzutreiben und für nur 13% bilden Geld und Status die entscheidenden Kriterien. Josef Ackermann, René Obermann oder Jürgen Zetsche – so lässt sich vermuten – würden die Prioritäten sicher anders setzen.
Um das weibliche Potential im Land zu heben, hat Norwegen bereits vor 10 Jahren, den Weg der Quote eingeschlagen. Schnell war die freiwillige Selbstvereinbarung seitens der Unternehmen als Lippenbekenntnis entlarvt und erst dank handfester Sanktionen ist nun die 40%-Marke Frauenanteil in Aufsichtsräten erreicht. Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung lässt ein wenig in die Zukunft blicken; denn hier finden sich die gleichen Argumente der Gegner und Befürworter, die wir gegenwärtig der deutschen Tagespresse entnehmen. Fazit: die Quote hat immerhin eine Machtkampffreie Zone geschaffen, so dass auch anfängliche ZweiflerInnen im Rückblick den Nutzen erkennen. Nach erstem Widerstand hat z.B. der norwegische Arbeitgeberverband eine Datenbank eingerichtet, die Unternehmen und Geschäftsführer in einem Programm zusammenfasst, die sich verpflichten, mehr Frauen in Verwaltungsräte zu bringen. Statt also des vorgeschobenen Arguments, dass gar nicht genügend qualifizierte Frauen zur Verfügung stehen, um die Posten gebührend zu besetzen, werden sie hier gezielt an den Start gebracht.
http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa/07310.pdf
Aber denken wir die 40% Geschlechterquote doch mal geschlechtsunabhängig. Das würde Betriebe zwingen, auch Männer zu fördern – jawohl! In Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, wo das Pflegepersonal mit ca. 80% bis 90% frauendominiert ist. Zustände sind das! Gerade in Kindergärten und Grundschulen geht ja schon lange die Klage, dass Jungen benachteiligt sind, ja geradezu gefördert werden müssen - aufgrund mangelnder gleichgeschlechtlicher Bezugspersonen. Wie aber – qualifizierte – Quotenmänner finden? Nach dem Vorbild sog. MINT-Programme, in denen junge Mädchen an naturwissenschaftlich und technisch geprägte Berufe herangeführt werden, müssten Programme für Jungen entwickelt werden, um sie für soziale Berufe vorzubereiten. Eine deutliche gesellschaftliche Würdigung und Anerkennung dürfte gleichfalls deren Attraktivität erhöhen. Also nicht nur der Manager im Boss-Anzug oder der Arzt im weißen Kittel genießen in Zukunft Bewunderung und Prestige, sondern auch der Kindergärtner und Altenpfleger. Welche Möglichkeiten tun sich da der Telenovela-Industrie auf....? Ach ja, und das Thema Entlohnung wäre dann ganz neu aufzugreifen: die geld-werte Schätzung der Erziehung von Kindern und der menschenwürdigen Betreuung, wenn sich das Leben dem Ende zuneigt. Sind Bildungs- und Sozialstandards nicht auch Kriterien, die bei Investitionen eine Rolle spielen? 
So könnte es doch gehen, auf dem Weg zur gerechten Quote: die 40%-Frauen für die Posten der Aufsichtsräte machen den Anfang, gefolgt von den 40%-Quotenmännern...... Bis dahin können wir ja schon mal auf der Segelyacht üben – auch ein kleiner Kosmos: Männer in die Pantry, Frauen ans Steuer. Mal sehen, was es zu essen gibt – und wann...?

Dienstag, 23. November 2010

Das war die 46. Kalenderwoche: Unternehmenskultur - theoretische Frauenquote - praktische Ellbogen


Dieses Mal aufgrund von Serverversagen leider etwas verspätet, aber jetzt:

Bayern macht's vor. Hier denken Vertreter aus Wirtschaft und Politik über den Mehrwert nach, der durch den Faktor Familie für Unternehmen zu generieren ist. "Kindererziehung" als "Lebensschule" und nicht als "Trockenübung" zu betrachten, das Thema "Babypause" als Gesprächsthema salonfähig unter den GeschäftspartnERn zu machen, wie das "Handicap" – beim Golf versteht sich – ist das Ziel. Lässt sich hier auf einen wirklichen Wandel der Werte hoffen?
Die Macho allerdings gibt Alice Schwarzer, die nach wie vor auf Kristina Schröder feuert. Schade, dass sie ihre Verdienste auf so wenig, wie den kleinen "Unterschied" zu reduzieren scheint. Um was geht es wirklich? Um selbstverständliche Rechte von Frauen? Dazu würde auch die selbst-bewusste und freiwillige Entscheidung zur Familie gehören und andere Entscheidungen.... http://www.faz.net/s/Rub594835B672714A1DB1A121534F010EE1/Doc~E1A7132276BB545768D5D4F21477CEE7C~ATpl~Ecommon~Scontent.html
http://www.focus.de/politik/deutschland/fietz-am-freitag/feminismus-debatte-wie-schneewittchens-boese-stiefmutter_aid_571275.html 
Insgesamt ließe sich die Entwicklung doch auch einmal so betrachten: die Frauen von heute wollen aufgrund ihrer Leistung, ihrer Qualifikation eingestellt werden und nicht mit Hilfe von Artenschutzauflagen. Hier könnten sich die Feministinnen der 70er und 80er doch auf die Schultern klopfen und sagen: wir haben es geschafft. Unsere Töchter haben soviel Selbstbewusstsein, dass sie eine Quote als überflüssig betrachten. Die Realität sieht z.Z. noch anders aus – vor allem in den höheren Etagen. Vor allem nach dem ersten Kind. http://nachrichten.rp-online.de/politik/alice-schwarzer-legt-nach-1.107054
Entscheidend ist der raue Alltag; den aber hat Innenminister Thomas de Maizière vermutlich eher klassisch erlebt. Im Interview mit seiner Frau Martina im Focus (Nr. 46/10) ist zu lesen, dass der Minister auch schon mal eine wichtige Sitzung zugunsten des Abiturballs der Tochter sausen ließ. Abiturbälle kommen so häufig nicht vor – bei drei Kindern kalkulierbar und meist auf die Abendstunden beschränkt. Was ist aber, wenn frau ihren Mann in einem Projekt mit deadline stehen muss – und dann ruft der Kindergarten an, dass das plötzlich erkrankte Kind abzuholen sei? Sofort! Und dann bleibt dieses Kind krank – unberechenbar und tagelang....
Ebenso überraschend mutet die Empfehlung an, dass karrierebewusste Frauen ihre Kinder früher bekommen sollten, dann hätten sie den Rücken frei, nämlich zwischen 35 und 40, wenn Karrieren geschmiedet werden. Aha! Wann den Partner finden, schwanger werden – 9 Monate – das Kind bekommen...? In der Schule? Im Studium, durch das frau dank Bologna ebenso mit Scheuklappen und stringent durcheilen muss wie jederMann. Wer dann die Jobsuche mit (Klein-)Kind ausprobieren möchte, sei dringend folgende Lektüre empfohlen. http://www.welt.de/print/wams/wirtschaft/article11100710/Frauen-Klar-aber-bitte-ohne-Kinder.html
An anderer Stelle rät de Maizière den Frauen zu Mobilität. Wie jetzt? Wo ist das Backoffice, das den lieben Kleinen ein verlässliches Zuhause und Ausgangsvoraussetzungen garantiert, so dass sie ihrerseits einen guten Start in die Gesellschaft haben? Unmittelbar nach der Wende als er ein Pendlerdasein führen musste, stand Frau Martina einsichtig bereit: "denn dazu war mein Mann (...) zwischen 1990 und 1995 in seiner politischen Laufbahn einfach zu hoch katapultiert worden." In den neuen Bundesländern sind gerade die jungen, qualifizierten Frauen so mobil, dass es sie dort bald nicht mehr gibt und nur die weniger qualifizierten und weniger beweglichen Männer zurückbleiben. Sind jetzt die "benachteiligt"?
Ja, "Ellbogen" dürfen natürlich auch nicht fehlen. Die ideale Frau: Mama SuperwoMan?
Empfehlung: nach der Lebensrealität fragen, bevor Soll-Bestimmungen erhoben werden. Frauen mit Kinderwunsch, Väter mit Wunsch nach Elternzeit, kleine und mittlere Unternehmen, die mit den Fehlzeiten ihrer Mitarbeiterinnen umgehen müssen und Frauen, die wenig Wert auf ewiges Konkurrenzgerangel legen, hätten sicher etwas zu sagen. Na ja, vielleicht findet man in Bayern etwas heraus – wenigstens, dass dem drohenden Fachkräftemangel schon mal durch die Aktivierung der  Ressource Frau begegnet werden kann.

Montag, 15. November 2010

Das war die 45. Kalenderwoche: Unternehmenskultur - Wirtschaftskultur - Rechtskultur

Fachkräftemangel hin, Frauenquote her. Schon geht die Angst in der Männerwelt um. So sieht Thomas Röll auf Focus-online Männer als die eigentlichen Verlierer der Geschlechtergleichstellung: 30 Prozent Gehaltsunterschied, gerade mal knapp über 3 Prozent Frauen in den Vorstandsetagen der DAX-Unternehmen; übertrieben und unter falschem Blickwinkel betrachtet. Unhaltbar auch die Zustände, dass wesentlich mehr Frauen im öffentlichen Dienst und z.B. als Lehrerinnen tätig sind und damit die heranwachsende männliche Generation einmal mehr benachteiligt ist.
Glücklicherweise zeigen global agierende deutsche Konzerne mehr Weitblick, wenn sie mit dem Bundesfamilienministerium eine "gemeinsame Initiative (...) für mehr Frauen in Führungspositionen" starten. Mit Unterstützung der Fraunhofer Gesellschaft soll nun untersucht werden, was Frauen tatsächlich daran hindert, in Toppositionen zu gelangen. Die jeweiligen Unternehmenskulturen werden dabei ins Zentrum der Analyse rücken. http://www.pressrelations.de/new/standard/result_main.cfm?r=431374&sid=&aktion=jour_pm&quelle=0&n_firmanr_=109243&pfach=1&detail=1&sektor=pm&popup_vorschau=0
Die französische Unternehmensberaterin Avivah Wittenberg-Cox sagt im Interview mit einem männlichen Journalisten, dass Frauen sich nicht vor der Verantwortung auf hohem Posten scheuen, aber wenig Neigung haben, sich auf das dafür erforderliche Gerangel um Macht einzulassen. Quoten sieht sie als notwendiges Korrektiv bei jedweder Schieflage: "Norwegen hat eine Quote in Aufsichtsräten von mindestens 40Prozent von einem Geschlecht. Das wird irgendwann die Männer beschützen." Statt überwiegend Kämpfer für die eigene Karriere bei der Besetzung höherer Führungspositionen zu berücksichtigen und Alphamännchen neben Alphamännchen zu positionieren, sollten ausbalancierte Teams gefördert werden, denn diese Unternehmen haben mehr Erfolg und im Schnitt höhere Gewinne. Die vermeintlichen Softskills entwickeln sich also zu ziemlichen Hard Facts. Auch beim Thema Fachkräftemangel sieht die Frauenrechtlerin noch nicht alle Potentiale am europäischen Markt erschlossen. Bevor die klugen Köpfe aus anderen Kontinenten importiert werden, sollten doch die bereits hier lebenden klugen Köpfe zum Einsatz kommen – auch wenn sie weiblich sind. Eine interessante Ergänzung in der Diskussion um Zuwanderung! http://diepresse.com/home/wirtschaft/international/607947/Irgendwann-wird-eine-Quote-die-Maenner-beschuetzen?_vl_backlink=/home/wirtschaft/international/index.do
Eher kämpferisch gab sich hingegen Alice Schwarzer in ihrer heftigen Attacke gegen die Familienministerin Kristina Schröder, zeigte sich diese im Spiegelinterview von einigen Thesen des früheren Feminismus nicht "überzeugt". Ausdrücklich bekennt sich die junge Ministerin jedoch zu dessen Verdiensten, ohne die sie wohl kaum im Amt wäre. Das Schlimmste, was man ihr vorwerfen kann, ist die Ablehnung einer Frauenquote und den Vorschlag, dass in Schuldiktaten auch mal das Thema Fußball vorkommen sollte. Die Errungenschaften der Feministinnen scheinen selbstverständlicher Bestandteil des eigenen Lebens zu sein, so dass sich die Frage ob frau zur Frau geboren oder erzogen wird gar nicht stellt. Kristina Schröder lässt den Respekt nicht vermissen, lehnt für sich eine schwarz-weiß-Kategorisierung ab und äußert sich durchaus differenziert. Als Auslöser öffentlicher Empörung unter den weiblichen Führungskräften in Politik und Gesellschaft taugt dieses Interview nicht. Wenn sie jetzt noch Ideen hätte, wie Mädchen im Laufe ihrer Schulkarriere nicht das Interesse an Naturwissenschaften verlören....
Viel lesenswerter und klüger als der offene Brief an die Familienministerin liest sich die Laudatio der Herausgeberin der Zeitschrift Emma auf Necla Kelek bei der Verleihung des Freiheitspreises der Friedrich-Naumann-Stiftung. http://www.faz.net/s/Rub9B4326FE2669456BAC0CF17E0C7E9105/Doc~E56AB11F93EF64353BABFE041A2E720B4~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Den grundlegenden Kulturwandel, den Kelek mit ihren Veröffentlichungen einfordert, provoziert nicht nur Traditionalisten im islamischen Umfeld sondern auch manche westliche KulturromantikerInnen. Mit der Selbstbestimmung und Gleichberechtigung der muslimischen Frau fordert sie gleichzeitig eine Aufklärung für den traditionellen Islam und den Mut zur Eigenverantwortung. Prosperierende und erfolgreiche Gesellschaften entstehen nur, wenn ein Teil an der Teilhabe und Mitgestaltung nicht ausgeschlossen wird.
Wie weit dieser Weg noch ist, zeigt das Ringen um das Leben der im Iran inhaftierten Sakineh Ashtiani. Der Schilderung eines Hexenprozesses im europäischen Mittelalter gleicht der Bericht Bernard-Henri Lévys über den absurden und willkürlichen Prozess um diese Frau.
http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/Doc~E17647ED8F30F4C12842E95AD532AD234~ATpl~Ecommon

Freitag, 5. November 2010

Das war die 44. Kalenderwoche: Überleben - Gestaltung – Konkurrenz – Neuanfang

Unglaublich, das Wunder der Woche: die zum Tod durch Steinigung verurteilte Iranerin Sakineh Ashtiani ist noch am Leben - dank weltweiter und Web 2.0 gestützter Intervention! Gelang es, zunächst die in der Scharia verankerte Strafe auf Ehebruch in die mildere Variante des Hängens zu wandeln, wurde die für den Mittwoch geplante Vollstreckung ein weiteres Mal ausgesetzt. Dennoch, die realen Haftbedingungen und vorangegangenen Verhöre möchte sich wohl niemand ernsthaft vorstellen.
Gerade vor diesem Hintergrund erscheint aus westlicher und allgemein medial eingeschränkter Sicht, die Abschlusserklärung des 3.! Kongresses der Organisation der Arabischen Frau in Tunis umso begrüßenswerter. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau wird hier nicht allein als längst fälliger Entwicklungsschritt gefordert, sondern als elementarer Bestandteil zum erfolgreichen Bestehen ganzer Gesellschaften. Die Mitwirkung bei Umweltpolitik und nachhaltiger Entwicklung, die Gleichberechtigung zur Eindämmung von Extremismus sowie die Beteiligung an Entscheidungsgremien, um auf "Friedensstiftung und Konfliktschlichtung" Einfluss nehmen zu können, sind als Forderungen klar formuliert.
 Aber der Weg ist weit. Gerade mal 107 Jahre sind vergangen, seit Frauen in England vehement für ihre Rechte fochten, 33 Jahre seit eine verheiratete Frau in Deutschland ohne Einverständnis ihres Gatten erwerbstätig sein darf und schon fühlen sich Männer deutlich benachteiligt. Männerforscher Walter Hollstein sorgt sich im Interview mit WeltOnline, wie denn nun Männer und Jungs angesichts der weiblichen Konkurrenz besser gefördert werden können. Willkommen im Wettbewerb! Den Grund für schlechtere Gesundheit, um 5 Jahre frühere Sterblichkeit, höhere Selbstmordraten, Schulabbrecherquoten und Straffälligkeit sieht der Forscher in der bevorzugten Förderung von Mädchen und Frauen! Ohne Bevorzugung jedoch keine Förderung. Die über Jahrtausende verteidigten männlichen Vorrechte scheinen inzwischen genetisch manifestiert. Mann begreift sich als Opfer, statt die Herausforderung anzunehmen und wendet offenbar sehr viel Energie darauf, um an Bestehendem festzuhalten oder verlorenes Terrain wieder zurück zu gewinnen. Frau verfolge nur die letzte Sendung von Hart aber fair „Quoten, Krippen oder Ellbogen – was brauchen Frauen zum Erfolg?" Ach und überhaupt: werden Jungs bei der Bildung benachteiligt und Männer sind - laut Aussage des GeschlechterforschERs - viel eher von Arbeitslosigkeit bedroht. Frau kann sich nur die Augen reiben, denn wer hindert junge SchulabgängER daran, z.B. GrundschullehrER zu werden oder eine Ausbildung zum KindergärtnER zu durchlaufen und so die Gesellschaft mit zu gestalten? Frauen, die mehr als ihre Partner verdienen, kratzen am männlichen Image des Ernährers, gibt der Forscher zu bedenken. Wie viele das sein dürften, bleibt offen; denn innerhalb der EU beträgt das allgemeine Lohngefälle zwischen Männern und Frauen 18%; in Deutschland sind es 23,2%. Auch Führungspositionen machen vor einer Abstufung nicht Halt. Unter den ersten 15 Plätzen in Sachen Gleichberechtigung nimmt Deutschland den 13. Rang ein – 2009 war es noch der 12.. Nun sollen es Erziehung und Bildung richten und damit – zur Zeit wenigstens – wieder die Frauen. Von 100 Alleinerziehenden sind 87 Frauen.
Ganz ohne öffentliche Förderung, aber mit viel Ausdauer und Hartnäckigkeit haben es Fußballerinnen geschafft, dass am 30. Oktober 1970 vom DFB das 1955 verhängte Frauenfußballverbot aufgehoben wurde. Offenbar ein großer Schreck für die Herren in den Fußballverbänden, denn flugs wurde ein Länderspielverbot verhängt, so dass die Teilnahme an der inoffiziellen Weltmeisterschaft in Mexiko – trotz Einladung – dem deutschen Team verwehrt blieb. Man stelle sich das für den Männerfußball vor. Es gäbe ihn wahrscheinlich nicht mehr - nach einem solchen Rückschlag. Aber jetzt ist ja alles gut - im nächsten Jahr findet die Weltmeisterschaft des Frauenfußballs auf deutschem Boden statt.
Auf Berliner Boden wurde nach 75 Jahren zum zweiten Mal wieder eine Frau zur Rabbinerin ordiniert. Ihre Vorgängerin, die in Auschwitz ermordete Regina Jonas, kam nach ihrem Studium in Berlin 1935 zu diesen Ehren. Die junge Ukrainerin Alina Treiger beschreitet auch heute noch einen ungewöhnlichen Weg. "Unglaublich, dass ich die zweite bin" kommentiert sie das Ereignis, das nur in liberalen Gemeinden möglich ist.
http://www.tagesspiegel.de/meinung/es-ist-wirklich-unglaublich-dass-ich-die-zweite-bin/1973800.html