Montag, 15. November 2010

Das war die 45. Kalenderwoche: Unternehmenskultur - Wirtschaftskultur - Rechtskultur

Fachkräftemangel hin, Frauenquote her. Schon geht die Angst in der Männerwelt um. So sieht Thomas Röll auf Focus-online Männer als die eigentlichen Verlierer der Geschlechtergleichstellung: 30 Prozent Gehaltsunterschied, gerade mal knapp über 3 Prozent Frauen in den Vorstandsetagen der DAX-Unternehmen; übertrieben und unter falschem Blickwinkel betrachtet. Unhaltbar auch die Zustände, dass wesentlich mehr Frauen im öffentlichen Dienst und z.B. als Lehrerinnen tätig sind und damit die heranwachsende männliche Generation einmal mehr benachteiligt ist.
Glücklicherweise zeigen global agierende deutsche Konzerne mehr Weitblick, wenn sie mit dem Bundesfamilienministerium eine "gemeinsame Initiative (...) für mehr Frauen in Führungspositionen" starten. Mit Unterstützung der Fraunhofer Gesellschaft soll nun untersucht werden, was Frauen tatsächlich daran hindert, in Toppositionen zu gelangen. Die jeweiligen Unternehmenskulturen werden dabei ins Zentrum der Analyse rücken. http://www.pressrelations.de/new/standard/result_main.cfm?r=431374&sid=&aktion=jour_pm&quelle=0&n_firmanr_=109243&pfach=1&detail=1&sektor=pm&popup_vorschau=0
Die französische Unternehmensberaterin Avivah Wittenberg-Cox sagt im Interview mit einem männlichen Journalisten, dass Frauen sich nicht vor der Verantwortung auf hohem Posten scheuen, aber wenig Neigung haben, sich auf das dafür erforderliche Gerangel um Macht einzulassen. Quoten sieht sie als notwendiges Korrektiv bei jedweder Schieflage: "Norwegen hat eine Quote in Aufsichtsräten von mindestens 40Prozent von einem Geschlecht. Das wird irgendwann die Männer beschützen." Statt überwiegend Kämpfer für die eigene Karriere bei der Besetzung höherer Führungspositionen zu berücksichtigen und Alphamännchen neben Alphamännchen zu positionieren, sollten ausbalancierte Teams gefördert werden, denn diese Unternehmen haben mehr Erfolg und im Schnitt höhere Gewinne. Die vermeintlichen Softskills entwickeln sich also zu ziemlichen Hard Facts. Auch beim Thema Fachkräftemangel sieht die Frauenrechtlerin noch nicht alle Potentiale am europäischen Markt erschlossen. Bevor die klugen Köpfe aus anderen Kontinenten importiert werden, sollten doch die bereits hier lebenden klugen Köpfe zum Einsatz kommen – auch wenn sie weiblich sind. Eine interessante Ergänzung in der Diskussion um Zuwanderung! http://diepresse.com/home/wirtschaft/international/607947/Irgendwann-wird-eine-Quote-die-Maenner-beschuetzen?_vl_backlink=/home/wirtschaft/international/index.do
Eher kämpferisch gab sich hingegen Alice Schwarzer in ihrer heftigen Attacke gegen die Familienministerin Kristina Schröder, zeigte sich diese im Spiegelinterview von einigen Thesen des früheren Feminismus nicht "überzeugt". Ausdrücklich bekennt sich die junge Ministerin jedoch zu dessen Verdiensten, ohne die sie wohl kaum im Amt wäre. Das Schlimmste, was man ihr vorwerfen kann, ist die Ablehnung einer Frauenquote und den Vorschlag, dass in Schuldiktaten auch mal das Thema Fußball vorkommen sollte. Die Errungenschaften der Feministinnen scheinen selbstverständlicher Bestandteil des eigenen Lebens zu sein, so dass sich die Frage ob frau zur Frau geboren oder erzogen wird gar nicht stellt. Kristina Schröder lässt den Respekt nicht vermissen, lehnt für sich eine schwarz-weiß-Kategorisierung ab und äußert sich durchaus differenziert. Als Auslöser öffentlicher Empörung unter den weiblichen Führungskräften in Politik und Gesellschaft taugt dieses Interview nicht. Wenn sie jetzt noch Ideen hätte, wie Mädchen im Laufe ihrer Schulkarriere nicht das Interesse an Naturwissenschaften verlören....
Viel lesenswerter und klüger als der offene Brief an die Familienministerin liest sich die Laudatio der Herausgeberin der Zeitschrift Emma auf Necla Kelek bei der Verleihung des Freiheitspreises der Friedrich-Naumann-Stiftung. http://www.faz.net/s/Rub9B4326FE2669456BAC0CF17E0C7E9105/Doc~E56AB11F93EF64353BABFE041A2E720B4~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Den grundlegenden Kulturwandel, den Kelek mit ihren Veröffentlichungen einfordert, provoziert nicht nur Traditionalisten im islamischen Umfeld sondern auch manche westliche KulturromantikerInnen. Mit der Selbstbestimmung und Gleichberechtigung der muslimischen Frau fordert sie gleichzeitig eine Aufklärung für den traditionellen Islam und den Mut zur Eigenverantwortung. Prosperierende und erfolgreiche Gesellschaften entstehen nur, wenn ein Teil an der Teilhabe und Mitgestaltung nicht ausgeschlossen wird.
Wie weit dieser Weg noch ist, zeigt das Ringen um das Leben der im Iran inhaftierten Sakineh Ashtiani. Der Schilderung eines Hexenprozesses im europäischen Mittelalter gleicht der Bericht Bernard-Henri Lévys über den absurden und willkürlichen Prozess um diese Frau.
http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/Doc~E17647ED8F30F4C12842E95AD532AD234~ATpl~Ecommon

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