Nun
also das Betreuungsgeld. Keiner und
Keine will es wirklich - außer Horst
Seehofer. Politische Verhandlungsmasse. Eine Bankrotterklärung:
- für die Umgestaltung einer Arbeitskultur, in der Kinder nicht als Betriebsunfall eingestuft werden, sondern zum Leben gehören.
- für die CDU-Frauen und alle anderen Politikerinnen, die an parlamentarischen Zwängen vorbei, demokratisch eine Berliner Erklärung errungen haben.
- für Mütter, die sich ganz der Erziehung der Kinder widmen möchten und 100,- Euro wohl kaum als adäquate Anerkennung ihres Beitrags zu einer funktionierenden Gesellschaft erleben dürften.
- für die Förderung und Integration von Kindern, denen die Möglichkeiten im heimischen Umfeld so nicht geboten werden können – siehe die Erfahrungen Norwegens.
- für das politische Versprechen, ausreichend Kitaplätze zu schaffen.
- für die SteuerzahlerInnen, die den Sinn (immer) noch nicht erkennen.
- für die Bewertung und öffentliche Wertschätzung von Arbeit, die volkswirtschaftlich (noch) nicht in der Wertschöpfungskette auftaucht und noch immer für selbstverständlich gehalten wird.
Letzteres
zeigt auch der Vorschlag, ehemalige Schlecker-Mitarbeiterinnen und Hartz-IV-EmpfängerInnen zu ErzieherInnen umzuschulen. Für einige, die dringend nach einem
neuen Arbeitsplatz Ausschau halten, mag das eine gute Alternative sein; insgesamt
hat es aber ein Geschmäckle von "Arbeitsdienst". So ganz nebenbei offenbart sich hier die (eigentliche) Geringschätzung der Leistung, Kinder für unsere komplexe Welt fit zu machen - allen hinterhergeschobenen Beteuerungen zur Qualitätssicherung bei der Ausbildung zum Trotz. "Das bisschen Kindererziehung...." Für die
professionelle Betreuung und Erziehung von Kindern, die aus unterschiedlichen familiären
Verhältnissen kommen und am Start ihrer Entwicklung sind, braucht es etwas mehr
als mal eben eine Umschulung, weil sonst weit und breit kaum jemand für diesen
Job zu finden ist. Um der Verantwortung, gleich zehn oder zwanzig Kinder auf einmal zu
beaufsichtigen, gerecht zu werden, ist eine klare persönliche Entscheidung
gefordert, die sehr wahrscheinlich auch vor der Berufswahl Verkäuferin gefällt worden wäre.
Warum nicht vermehrt bei
SchulabgängerInnen dafür werben? Der Boy's Day ist ein guter Anfang. Mit der gleichen Medienaufmerksamkeit bedacht, wie der Girl's Day, der Mädchen technische und naturwissenschaftliche Berufe näher bringen soll, könnten soziale Berufe auch für junge Männer salonfähig werden. ErziehER werden dringend gebraucht, um für
Ausgewogenheit in der Geschlechterverteilung bei der Betreuung zu sorgen, Kindern auch hier männliche Vorbilder und Bezugspersonen zu bieten. Eine Männerquote für das soziale Berufsumfeld? Die
würde wahrscheinlich erst bei attraktivem Gehalt und gesellschaftlicher Anerkennung erschöpfend diskutiert. Das Geld dazu dürfte fehlen – weniger, weil es nicht da ist, sondern weil wenig Neigung
besteht, es dafür bereit zu stellen.
Banken-
und Eurorettung beanspruchen nahezu sämtliche finanzielle Kräfte und zeigen, wo
der tatsächliche Schwerpunkt (volks-)wirtschaftlichen Denkens derzeit und wohl
auch in naher Zukunft liegt.
Ohne
grundlegenden Mentalitätswandel, werden Frauen kaum - ganz selbstverständlich - in Führungspositionen akzeptiert und Männer - genauso selbstverständlich - in Erziehungs- und Pflegeberufen. Wie der Herr so's
Gescherr sagt der Volksmund, oder: solange auf politischer und
wirtschaftlicher Entscheidungsebene alles beim Alten bleibt, solange bleibt
strukturell auf den unteren Ebenen auch erst mal alles wie es ist. Siehe Betreuungsgeld.
"Mit
dem Köpfchen durch die gläserne Decke" und einer "Graswurzelbewegung" wie die Bundesfamilienministerin propagiert,
wird der Hardliner "Entweder-Oder"-Polemik nicht beizukommen sein;
denn die angestrebten 30 Prozent Frauenanteil auf den Chefsesseln sind noch
nicht annähernd erreicht und schon wird der Untergang des Abendlandes,
besungen.
Wie
schnell der freie Fall auf Stammtischniveau ist, zeigen folgende
Kommentare, die immerhin von Lesern der
F.A.S. stammen. Also bitte nicht erschrecken – zwei erfreuliche Leserbriefe
sind auch dabei!
"Diskriminierung
Führungsposten müssen streng nach Leistung und
Eignung vergeben werden, nicht nach anderen Attributen. Quotenfrauen mögen in
Kulturreferaten erträglich sein. In Industrieunternehmen, in denen
Entscheidungen das Schicksal Tausender Arbeitnehmer bestimmen, ist kein Platz
für politisch korrekte Spielereien. Wo bleibt da die Chancen- und
Leistungsgerechtigkeit? Es wird viele berechtigte, hoffentlich erfolgreiche
Klagen vor Gericht geben."
Wolfgang Richter
Hier
lasse ich Jörg Schmelcher antworten und empfehle den Blick in den
Wirtschaftsteil jedweder Zeitung, angesichts von Finanz-, Banken-, und
Eurokrise.... Die Sorge um das "Schicksal
Tausender Arbeitnehmer" scheint sich bei den Leistungsträgern – sagen wir mal von Nokia (Stephen Elop, Präsident
und CEO) – in Grenzen zu halten. Allen Berlinern und Brandenburgern sei zudem die
Lektüre der Webseite http://preview.berlin-airport.de/de/unternehmen/ueber-uns/aufsichtsrat/index.php
angeraten.
"Ätsch!
Tja, Jungs, jetzt seht ihr mal, wie das ist,
wenn der blödeste Mann im Unternehmen eher befördert wird als die schlechteste
Frau. Eure Netzwerke in den Chefetagen werden aufgeweicht, und der gemeinsame
Puffgang zum Karriere-Auskungeln hat endlich ausgedient. Ach ja, und die Beulen
an euren Köpfen stammen von der gläsernen Decke, deren Existenz ihr immer
bestritten habt. Viel Vergnügen!"
Jörg Schmelcher
"Erfolg
ist männlich
Überbordender Feminismus ist der größte Feind
der Wirtschaft. Deutschland und Tschechien haben den geringsten Frauenanteil in
der Führung von Unternehmen, sind aber die erfolgreichsten Länder in
Europa."
Wolfgang Tibanski
Mal zum Vergleich: die beiden Länder, die sich schon länger mit einer Frauenquote "herumschlagen".
BIP/pro
Kopf USD
|
2011
|
kaufkraftbereinigt
|
Norwegen
|
97.329 (weltweit an 3. Stelle; nach Luxemburg und
Katar)
|
53.471
(4)
|
Schweden
|
56.956
(Platz 8)
|
40.394
(14)
|
Deutschland
|
43.742
(Platz 20)
|
37.897
(18)
|
"Aus
dem Weg
Mann, aus der Bahn, da kommt der Quotenwahn! Wie
weit sollen wir mit dem Quotenwahn noch gehen? Sollten wir angesichts der
mageren Erfinderinnenquote (1,4 Prozent Frauen) nicht auch eine Quote beim
Patentamt einführen? Mann stelle sich die Demonstrationen der Quotenanhänger
vor dem Deutschen Patentamt vor, mit der Losung: „Alle Räder stehen still, bis
die Quotenfrau erfinden will!“
Michael Baleanu
Wo es reelle Chancen gibt, wird auch erfunden:
"Mary
Anderson (* 1866
in Greene County,
Alabama; † 1953 in Monteagle,
Tennessee)[war Bauunternehmerin, Rancherin, Winzerin und Erfinderin der Scheibenwischanlage. Im
November 1903 erhielt die Amerikanerin Mary Anderson das Patent auf die erste
funktionierende Scheibenwischanlage der Welt." (Wikipedia)
"Quote
für alle
Wer A, Frauenquote in Führungsgremien, sagt,
muss auch B sagen: Frauenquote auf Baustellen, im öffentlichen Dienst, im Fernverkehr
etc."
Bernhard Kraus
Matthias
Struwe gibt hier die passende Antwort. Und ja: "Quote für alle!"
Männer in die Kindergärten, Grundschulen und Pflegeeinrichtungen – als
Erzieher, Lehrer und Pfleger!
Viel
zu wenig Frauen
Man(n) könnte wirklich in Tränen ausbrechen. Die
deutsche Wirtschaft ein Jammertal gescheiterter, ausgebremster Männer. Die
Fakten: Der Frauenanteil in den Vorständen der 160 im Dax, MDax. SDax und
TecDax notierten Unternehmen ist seit Januar 2011 von 3,01 auf 3,66 Prozent
gestiegen. Ein Erdrutsch, geradezu eine Lawine von Frauen, die da die armen
Männer erfasst und davongerissen hat.
Matthias Struwe
Das
Beste zum Schluss:
"Geschlechterkrieg
Die Männer werden diese Männerverachtung nicht
still hinnehmen. Die Folge dieser Diskriminierung werden zunehmende
Frauenfeindlichkeit und Aggressivität der Männer sein. Die Frauen sollten sich
also nicht zu früh freuen. Denn Quotenfrauen wird niemand ernst nehmen, und die
Stimmung wird sich schon bald gegen diese unqualifizierten Frauen richten. Alles,
was dieser Trend anrichten wird, ist ein zunehmend aggressiv geführter
Geschlechterkrieg, der noch viel leid hervorrufen wird."
Armin Pillhofer
Übermütter
Frau sein an sich ist keine Qualifikation (außer
fürs Kinderkriegen). Wann beginnen die Männer endlich, gegen die Übermütter
aufzubegehren?
Dr. Christian Jäger
Alle
Leserbriefe stammen aus der Frankfurter
Allgemeinen Sonntagszeitung vom 10. Juni 2012, Nr. 23, S. 38.