Freitag, 12. August 2011

DIE FERIENEDITION: Von fremden Ländern und Menschen


Interessante Links aus der Heimat gibt es weiter unten
"Wer nimmt die meisten Krankheitstage? Frauen. Warum? Weil sie einmal im Monat ein Krankheitsproblem haben – nicht alle, aber einige." So erklärte der – nun ehemalige - Arbeitgeberpräsident Neuseelands, Alasdair Thompson, die Gehaltsunterschiede zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in seinem Land. Gleichzeitig betonte er in dem für ihn verhängnisvollen Radiointerview, dass er keineswegs sexistisch sein wolle. Natürlich nicht! Arbeitsministerin Kate Wilkinson nannte es "Gehirnexplosion".
Mosuo-Frauen hätten wahrscheinlich milde gelächelt und eine solche Bankrotterklärung mit einem "Er ist ja nur ein Mann" kommentiert. Aber in Luoshi, einem sehr kleinen Ort an der Grenze zwischen Yunnan und Sichuan in China, gibt es gar keinen Arbeitgeberpräsidenten und wenn, wäre es wahrscheinlich eine PräsidentIN, da in einem der letzten Matriarchate Frauen das Sagen haben, genauer die Matriarchatin. Sie trägt die Verantwortung für die gesamte Familie und bestimmt wofür das Geld ausgegeben wird; denn in diesem Teil der Welt "erwirbt man durch Mutterschaft den höchsten Rang in der Familie". Zu dieser Feststellung gelangt der argentinische Arzt, Journalist und Fotograf Ricardo Coler: Das Paradies ist weiblich. Eine Reise ins Matriarchat. Aufbau-Verlag. Berlin 2011. Es handelt sich hier jedoch nicht um ein umgekehrtes Patriarchat; denn Männer machen keineswegs die Hausarbeit und werden beim Essen sogar bedient – es geht "schneller und besser so" beantwortet die Matriarchatin die verwunderte Frage des Journalisten. Auch bei der Anbahnung von Liebesangelegenheiten scheint das Verhältnis unter den Geschlechtern eher klassisch bestimmt zu sein; die selbst-bewussten Mosuo-Frauen wollen umworben sein. In nächtlichen Besuchen kommen die Liebenden zusammen, ohne gesellschaftliche Verpflichtung, ohne Besitzansprüche. Die Institution der Ehe ist unbekannt, jede und jeder bleibt bei der Familie - der mütterlichen. Liebe kann vergehen, die Familie bleibt und damit die existenzielle Grundlage und das soziale Umfeld. Auch im Alter und Krankheitsfall ist die Versorgung gesichert. Frei findet man zusammen und ebenso frei kann man auch wieder auseinander gehen. Die Frage nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellt sich nicht, da nach einer etwa einjährigen Babypause die Mosuo-Frau wieder ihrer Arbeit nachgeht, während der Nachwuchs in der Obhut der Familie bleibt, der Großmütter, Tanten und Onkel - als männliche Bezugspersonen. Die Rolle des Vaters beschränkt sich auf die des Erzeugers. Vielfach ist er den eigenen Kindern sogar gänzlich unbekannt und auch für die Selbstidentifikation nicht besonders wichtig. Die Mosuo-Männer scheinen sich dennoch nicht benachteiligt zu fühlen, dürfen sie doch Dorfoberhaupt werden, die Außenkontakte zu den Nachbargemeinden pflegen und Entscheidungen fällen, die die gesamte Gemeinschaft betreffen, wie z.B. die Ausrichtung eines Festes. Der Erfolg scheint den Mosuo Recht zu geben. Im Vergleich zu den benachbarten Han funktioniert ihre Gemeinschaft nicht nur konfliktfreier – aggressives Verhalten oder gar Gewalt sind tabu – sondern ist auch wirtschaftlich erfolgreicher. Begründet wird das vom Dorfoberhaupt mit der fehlenden Abgrenzung durch Besitz, denn die patriarchal strukturierten Han teilen "ihr Hab und Gut unter ihren Kindern (auf), die wiederum Ehepartner und Kinder haben, mit denen sie teilen." Die Bemühungen der chinesischen Regierung in den fünfziger Jahren, die Gesellschaftsordnung der Mosuo zwangsweise zu brechen und mit dem Versprechen auf Besitz von Land junge Paare zur Ehe zu animieren, scheiterten. Aber auch die Kulturrevolution in den sechziger Jahren und der Versuch die Frau unter die Herrschaft eines Ehe-Mannes zu zwingen lief ins Leere. Kaum ließ der mit Heeresgewalt aufgebaute Druck nach, kehrten alle wieder zu ihren Familien ins mütterliche Haus zurück. Und außerdem: "viele Soldaten fühlten sich zu den Mosuo-Mädchen hingezogen und integrierten sich in das Matriarchat." Eine Gesellschaftsform, die für die im Kampf ausgebildeten Männer offenbar Vieles für sich hatte: "Auch die Tatsache, dass im Matriarchat jede Form von Gewalt verpönt ist und man kein Interesse daran hat, möglichst große Summen von Geld anzuhäufen, macht das Leben umgänglicher und leichter."
Auf die Frage Colers, was Mosuo-Männern an Frauen gefällt, gibt es folgende Antwort: "Schauen Sie sich die Matriarchatin an, in deren Haus sie untergebracht sind. Das ist der Typ Frau, der uns gefällt." Und umgekehrt? "Mir gefällt an einem Mann, wenn er aufmerksam ist, sich um mich sorgt und mich beschützt."
Und dennoch: "Die Mosuo-Frau lebt, wie sie lebt, und hat dabei das Gefühl an ihrem Platz zu sein. Sie sehnt sich nicht danach, den Mann ihres Lebens kennenzulernen, mit dem sie ihr Glück vervollständigen kann."

Was würden die Mosuo, Frauen und Männer, aus ihrer Perspektive wohl zum Zivilisationsgrad unserer Gesellschaft sagen nach der Lektüre folgender Zusammenfassung? Mal von der leichten marxistischen Färbung abgesehen:
Von gläsernen Decken und warmen Badewannen
Geschrieben von Julia Eder
Scheinbar besteht ein politischer Konsens für einen Kampf gegen die Schlechterstellung der Frau in der Gesellschaft. Warum wir von einer echten Gleichberechtigung trotzdem noch weit entfernt sind, analysiert Julia Eder.
Christine Bortenlänger, Deutschlands Managerin des Jahres 2007, sah in der „warmen Badewanne“, die die Frauen nicht verlassen wollten, die eigentliche Ursache für die weiterhin rar gesäte Frauenbeteiligung in den Führungsetagen der Unternehmen. (...)
Eine Untersuchung des Statistischen Bundesamtes (12/2010) zeigt, dass die Berufswahl junger Menschen eher an traditionellen Rollenvorstellungen angelehnt ist, so dass es in den letzten neun Jahren wenig Bewegung in klassischen Männer- und Frauenberufen gab. Wenn überhaupt, stoßen junge Frauen eher in Männerdomänen vor als umgekehrt. Nur in wenigen Berufen ist der Geschlechteranteil ausgeglichen. In Führungspositionen sind bei annähernd gleichem Ausbildungsniveau zu 70% Männer vertreten. (Quelle: Stat. Bundesamt)
(...)
Tatsächlich besteht für Frauen zwischen 15 und 44 eine höhere Gefahr, Betroffene sexualisierter Gewalt zu werden als von Krebs, Krieg und Autounfällen zusammengenommen.
(...)
Von Frauen, auch wenn sie fachlich unbestreitbar einiges vorzuweisen haben, wird ein tadelloses und meist auch sexy Aussehen verlangt. Das Schönheitsideal ist durch die Medien allgegenwärtig und nährt einen weiblichen Minderwertigkeitskomplex (...). So quälen sich Frauen immer mehr, den unwirklichen, computergenerierten perfekten Darstellungen zu entsprechen und machen auch vor chirurgischen Eingriffen nicht halt. Sie hungern und diäten, was nicht selten in eine Ess-Störung mündet (Unter Ess-Störungen leiden zu 90% Frauen, wobei der Männeranteil zunimmt). Von den von Anorexie (Magersucht) betroffenen Frauen stirbt jede Zehnte an der Krankheit. (2008: 100 Todesfälle in Deutschland). Unter den 16jährigen Mädchen finden sich bei 35% Hinweise auf eine Ess-Störung.

Alles eine Frage der Kommunikation?
Du oder ich
Der typische Geschlechterkampf: die Machtrituale der Männer im Beruf unterschieden sich ganz deutlich vom Verhalten der Frauen
Autor: Bettina Wündrich
Von Bettina Wündrich ist gerade bei Rowohlt 'Einsame Spitze? Warum berufstätige Frauen glücklicher sind' erschienen

Politik:
Vor allem bei den Christdemokraten lässt sich aktuell gut beobachten, wie unterschiedlich die Schwerpunkte in der Debatte gesetzt werden. Diejenigen CDU-Männer, die Kritik an der Kanzlerin üben, sprechen von Profil und Positionierung der Partei (oder ihrer eigenen Position?), während die CDU-Frauen – aber auch Heiner Geißler – den Blick auf die Inhalte richten.

Im Gespräch: Annegret Kramp-Karrenbauer
„Auch ich bin eine Quotenfrau“
Im parteiinternen Richtungsstreit der CDU schlägt sich Annegret Kramp-Karrenbauer, die designierte Nachfolgerin von Peter Müller im saarländischen Ministerpräsidentenamt, auf die Seite der Kanzlerin. Teufels Kritik greife „diffuse Gefühle“ auf.

CDU in der Krise:
Auf der Suche nach der verlorenen Identität
Es brodelt in der CDU. Die Seele sei verletzt, der Kompass abhanden gekommen, lautet die Bilanz interner Kritiker. Die Partei ist im Wandel. In welche Richtung sie geht, scheint noch offen zu sein.

Wirtschaft:

Diversity-Preis
Angela Merkel zu Henkel eingeladen
VON DAGMAR HAAS-PILWAT
Düsseldorf (RP). Vielfalt fördert den Erfolg – Henkel-Vorstandsvorsitzender Kasper Rorsted ruft den Deutschen Diversity-Preis ins Leben. Zur Verleihung im November sind Bundeskanzlerin Angela Merkel und Deutschlands Führungsriege aus Wirtschaft und Politik in der Langen Foundation eingeladen.

PFLEGESEKTOR
Boom mit Fragezeichen
Das Institut der deutschen Wirtschaft prophezeit der Pflegebranche bis 2020 ein Wachstum um 72 Prozent. Allerdings kann die Entwicklung am Fachkräftemangel scheitern: Es fehlen schon jetzt Menschen, die sich professionell um Alte und Kranke kümmern.

Neu: "Die grüne Nika" für niedersächsische Frauen
Hannover - Agrar Media verleiht in Zusammenarbeit mit den niedersächsischen Landfrauen den Ehrenpreis "Grüne Nika" an engagierte Frauen aus ganz Niedersachsen.
50 Prozent der Weltbevölkerung sind Frauen. Trotzdem sind sie in vielen Bereichen der Wirtschaft, Kunst, Politik und Wissenschaft unterrepräsentiert. Männer bestimmen noch immer den Kurs in wichtigen Bereichen der Gesellschaft. So sind z.B. nur knapp 1/4 der landwirtschaftlichen Betriebe in weiblicher Hand. Als Lebensgefährtinnen der männlichen Hofbesitzer arbeiten sie meist unbezahlt aber ebenso fleissig im gemeinsamen Familienunternehmen.

Sonstiges:

Frauen fahren anders als Männer - Umfrage: Die weibliche Fahrstil ist eher defensiv, der männliche tendenziell offensiv
Baierbrunn (ots) - Frauen fahren gerade so schnell wie erlaubt und benutzen die Hupe nur im äußersten Notfall. Auto fahrende Männer sind notorische Drängler und Raser. In abgeschwächter Form entspricht diesem gängigen Klischee laut einer repräsentativen Umfrage der "Apotheken Umschau" auch die Selbstwahrnehmung der beiden Geschlechter.

Gleichstellungsqualität der Universität Jena anerkannt
Axel Burchardt   Stabsstelle Kommunikation/Pressestelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena
„Total E-Quality“-Prädikat für Chancengleichheit wird am 4. Oktober überreicht
Die Friedrich-Schiller-Universität Jena bemüht sich seit Jahren, Frauen und Männern – ob mit oder ohne Kind – gleiche Chancen in Studium und Beruf zu bieten. Für diese Aktivitäten erhält die Universität erneut das Prädikat „Total E-Quality“, wie jetzt die unabhängige Jury bekanntgab. Das Qualitätssiegel wird am 4. Oktober 2011 in Berlin überreicht. Vergeben wird das Prädikat vom Verein Total E-Quality Deutschland e. V. Er setzt sich dafür ein, Chancengleichheit von Frauen und Männern in Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung nachhaltig zu verankern.

Sport:
Kaum als Disziplin zugelassen, auch schon wieder vom Welt-Seglerverband, Isaf, abgeschafft. 2012 dürfen die Frauen bei Olympia noch das Frauen-Matchrace mitsegeln, 2016 nicht mehr. Jahrelange Vorbereitung der Aktivsportlerinnen werden mit einem Federstrich zum bloßen Hobby erklärt. Ob das wohl mit der Zusammensetzung des Executive Committees des Isaf zusammenhängt? 2 Frauen und 9 Männer. In den untergeordneten Komitees ist der Frauenanteil noch geringer. Wirtschaftlich dürfte für das für wenig vermögende Länder, wie z.B. Peru ein herber Schlag sein, das die 35.000 € Boote (noch Olympia-Klasse) gerade ausgeliefert bekommen hat.

Sagen Sie mal, Frau Hahlbrook fühlen Sie sich vom Welt-Seglerverband verschaukelt?
Das Interview führte Tatjana Pokorny
YACHT-Magazin 17/2011 03.08.2011, S.130

International:

FÜHRUNGSVERANTWORTUNG FÜR FRAUEN IN POLITIK UND WIRTSCHAFT
INFORMATIONSPROGRAMM FÜR POLITIKERINNEN AUS ASIEN
Dr. Wilhelm Hofmeister
„Führungsverantwortung für Frauen in Politik und Wirtschaft“ – das war das Thema eines Informations- und Dialogprogramms für Politikerinnen aus Asien, das vom 10. bis 14. Juli 2011 in Berlin und Brüssel stattfand und von dem Regionalprojekt Politikdialog Asien zusammen mit dem Multinationalen Entwicklungsdialog Brüssel organisiert worden war.