Sonntag, 30. Januar 2011

Das war die 04. Kalenderwoche: feige Frauen? – Quote – Lohn – Partei -"Gedöns"?

"Frauen beschimpfen Frauen" titelt die Sonntagsausgabe der FAZ im Wirtschaftsteil und bezieht sich auf Bascha Mikas Buch "Die Feigheit der Frauen". Etwas reißerisch vielleicht, aber mit einem interessanten Überblick zu der immer wieder geführten Diskussion, inwieweit sich Frauen dem Konflikt stellen sollen, um in Sachen gleichberechtigter Teilhabe an Gesellschaft und Business endlich mal voranzukommen. Oder "vermännlicht" genau diese Strategie, und werden dann die konfliktfreudigen Frauen von echten Männern doch nur als Zicken wahrgenommen?
Ein wichtiger Streit, eine unumgängliche Auseinandersetzung, um die ureigene weibliche Position zu klären in einer seit vielen, vielen, vielen Generationen etablierten und verinnerlichten männlichen Gesellschaftsform; nicht notwendig ein Zickenkrieg wie die Überschrift des sehr lesenswerten Artikels von Melanie Amann suggeriert. Man beobachte doch nur mal Debatten, die überwiegend unter Männern ausgetragen werden; da geht's auch zur Sache. Hier aber sofort und stets Hahnenkämpfe als Basis anzunehmen, würde denn doch zu kurz greifen.
So scheint der Titel Marion Knuths zu bestätigen, die im Interview - ebenfalls in der FAS - beschreibt, dass gleiche Verhaltensweisen bei Männern und bei Frauen vollkommen unterschiedlich wahrgenommen werden. Verhält sich ein Mann aggressiv, gilt er im Unternehmen als dynamisch und durchsetzungsfähig. Haut eine Frau mit der Faust auf den Tisch, gilt sie als hysterisch und das seit vielen, vielen, vielen Generationen.
Soziologie und neueste Hirnforschung könnten behilflich sein, herauszufinden, wie tief diese Wahrnehmung verinnerlicht ist - bei allen: Männern und Frauen. Was ist genuin weiblich, was anerzogen, tradiert und was hängt vom individuellen Temperament ab? Nicht selten tappen die Diskutanten und DiskutantINnen in die Falle des Frauen-sind-selber-schuld-Syndrom oder anders ausgedrückt: Frauen-sollten-eigentlich.... Ja was? Frauen sind Menschen weiblichen Geschlechts: extrovertiert, introvertiert, aggressiv, friedliebend, dynamisch, lethargisch....
In ihrer Kommunikationsform scheinen sie aber ziemlich ähnlich zu sein. Die sicher hilfreichen Tipps und ein sicher sehr nützliches Coaching für eine zielführende Kommunikation in der Business-Männerwelt könnten daher auf einige abschreckend wirken; denn hier ist Kalkül gefordert. Zum Beispiel: einfach weiterreden, ungeachtet der Unterbrechung. Ideen im Meeting solange zurückhalten, bis frau der Aufmerksamkeit des Chefs sicher sein kann und die einleitenden Revierrangeleien abgeschlossen sind – sonst macht sich womöglich der KollegE den guten Gedanken zueigen und punktet beim Vorgesetzten. Manche wird das als Rückschritt im zwischenmenschlichen Miteinander empfinden und als erzwungene Anpassung wiederum an die Männerwelt. Bis die Quote greift, könnte dieses Kommunikationsverhalten aber auch als vorübergehende Strategie dienen, vorausgesetzt, frau kann sie wieder ablegen.....
Jetzt aber mal ganz ohne Quote: wie sieht es eigentlich bei Deutschlands "berühmtesten Schwangeren" aus? Mutter und Ministerin oder Ministerin und Mutter? Entweder-oder oder sowohl-als-auch – gar nicht so einfach. http://www.welt.de/print/wams/politik/article12303912/Und-die-Kanzlerin-sagte-Das-geht.html
Die Frauenquote ist offenbar mehr als "Gedöns"; denn die SPD versucht das Thema von den konservativen KonkurrentINen wieder zurückzuerobern. Sigmar Gabriel setzt auf "gleichen Lohn für gleiche Arbeit" und sieht sich eher der KassiererIN verpflichtet als den Arbeitnehmerinnen in Führungspositionen. Vielleicht sollte auch hier mal die Sowohl-als-auch-Variante versucht werden – nur so als Übung; denn das (pardon) eher männlich orientierte Entweder-oder-Parteien-Geschachere – nämlich um der Abgrenzung und Stimmen willen ein Haar in der Suppe des Anderen zu finden – langweilt nicht nur WählerINen. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,742509,00.html

Sonntag, 23. Januar 2011

Das waren die 2. und 3. Kalenderwochen: PionierINen – Kristina Schröder - Christine Hohmann-Dennhardt - Emel Zeynelabidin – Maria Müller – Pionier: J.W. v. Goethe

Herzlichen Glückwunsch: Bundesfamilienministerin Kristina Schröder ist schwanger. "Herzlichen Glückwunsch" aber auch an die Republik, die mitten im Quotenstreit auf ein Baby warten darf, das Fakten im Ministerium schaffen wird. Eine praktische Umsetzung von besserer Kinderbetreuung (auch im Krankheitsfall), familienfreundlichem und arbeitgeberkonformem Zeitmanagement scheint in greifbare Nähe zu rücken. Ach und vieles mehr wohlmöglich.....
Überflüssig scheint aber z.T. der Versuch, auf politischer, aber auch auf medialer Seite "zwei Lager" schaffen zu wollen. Die Mütter-Mütter-Frauen, die sich nämlich ganz und gar der Familie und der Erziehung der Kinder widmen wollen und die Mütter-Berufs-Frauen, die ihrem Beruf nachgehen wollen, aber auch Familie möchten und auch nur 24 Stunden pro Tag zur Verfügung haben. Im Grunde wünschen letztere genau das, was die meisten Männer-Väter wie selbstverständlich beanspruchen – nämlich ein Familienbackoffice. "Das hat sich bei uns so ergeben" ist ein Satz, den ich von GeschäftspartnERn nicht selten höre. Die Gattin ist für Familie und Soziales zuständig und der Gatte für Beruf und Geld.
Entscheidet sich frau bewusst für die "klassische" Variante, bleibt die wahre Würdigung ihres Einsatzes in Familie und Ehrenamt häufig aus; denn was "wirklich" zählt sind Position und Verdienst. Das bekommt frau schnell zu spüren, wenn das "Familienteam" auseinander fällt. Eine in ökonomischen Größen messbare Anerkennung könnte z.B. darin bestehen, den gesamten Arbeitsaufwand für die lieben Kleinen, die pflegebedürftigen Verwandten und die gesellschaftlich wichtigen Ehrenämter in Stundenlohn und damit in Euro und Cent umzurechnen, zzgl. Renten- und Krankenversicherung – entsprechend der dann errechneten Gehaltsstufe. Vielleicht so: Zwei bis drei schulpflichtige Kinder, ein Elternteil, das immerhin Aufsicht benötigt, wenn nicht Pflege, ein Ehrenamt in der Kirche. Durchschnittliche aktive Arbeitszeit- und Präsenzpflicht: ca. 8-12 Stunden/7 Tage in der Woche...... Tätigkeitsprofil: Organisation, Coach, Pflegerin, Chauffeurdienste, Kommunikation....
Dieses "Gehalt" wäre dann direkt an die Frauen auszuzahlen und nicht über das Familiensplitting zu regeln. So könnte ich mir eine wirklich freie Entscheidung vorstellen und eine entsprechende gesellschaftliche Wertschätzung. Spätestens bei der Rente zeigt sich dann, was dieser Schatz wert ist.
Frankreich hat sich immerhin durchgerungen und die 40%-Quote eingeführt, streng nach dem Vorbild Norwegens. Denn auch im Nachbarland gibt es zu wenig Bewegung seitens der WirtschaftsführER gibt, qualifizierte Frauen in Führung zu bringen.
Ja, warum klappt das eigentlich so ungenügend mit den qualifizierten Frauen ganz vorn? Qualifikation allein reicht eben nicht – meistens wenigstens nicht - auch wenn Rainer Brüderle die These vertritt: "Frauen brauchen keine Quote – weil sie gut sind". Nur wenige Frauen dürften diese erfreuliche Erfahrung gemacht haben. Im Umkehrschluss würde die Aussage bedeuten, dass es eben nicht genügend "gute" Frauen gibt, aber dem steht ja die Auskunft vieler Statistiken entgegen.
Da ist sie wieder, die Glasdecke. Kaum sichtbar, aber deutlich zu spüren. Könnte es sein, dass der Begriff der "Qualifikation" einer näheren Betrachtung bedarf. Könnte es sein, dass die Einschätzung von "Qualität" und "Leistungsfähigkeit" eher nach männlichen Kriterien ausgerichtet ist, dass bestimmte Verhaltensmerkmale, Kommunikationsweisen und Statussymbole in der Außenwirkung den entscheidenden Ausschlag geben? Eine verfehlte Kommunikation wie bei Hund und Katze?
Hat frau dagegen einen wohlwollenden MentoR, dann hat sie es häufig leichter, ihr Können zu zeigen – in einer Männergesellschaft, wie z.B. der Türkei. Güler Sabanci steht auf der Liste der mächtigsten Frauen sehr weit oben. Der Unternehmerin gehört die größte Privatbank in der Türkei, sie verkauft Reifen, Wein und vieles mehr. Nach dem Tod ihres Vaters bereitete ihr Onkel den Weg, so dass sie heute für viele junge Türkinnen Vorbildfunktion hat.
Hierzulande muss es ohne Mentor gehen - häufig. Männliche Verhaltensweisen unreflektiert zu übernehmen ist wenig empfehlenswert. Die "Verkleidung" wird rasch enttarnt – und frau selbst wird auch nicht froh. Richterin Christine Hohmann-Dennhardt könnte dagegen ein nachahmenswertes Beispiel sein. Sehr modebewusst ist sie trotzdem links und Feministin. Nun wird die ehemalige Justizministerin Hessens mit dem sicheren Gespür für einen gut inszenierten Auftritt die erste Frau im Daimler-Vorstand sein – für das neue Ressort „Compliance und Integrität“
Herzlichen Glückwunsch!

Buchempfehlung:
Polarfrauen, Kari Herbert, Piper-Verlag 2010 oder www.malik.de
Die Autorin, selbst Tochter eines Polarforscherpaares, nähert sich den durchaus selbstbewussten Frauen, die hinter den ehrgeizigen Entdeckern von Nord- und Südpol standen. Geschichten vom "Backoffice".

Film:
Hüllen, Dokumentarfilm von Maria Müller (CH 2010) (Filmfestival Max Ophüls)
"Ich spüre den Wind" sagte mir Emel Zeynelabidin als sie nach einem langen Prozess ohne das Kopftuch auf die Straße geht. Im Kopftuchstreit, in dem sie aktiv – auch auf vielen Podien – dabei ist, erfolgt die Auseinandersetzung mit den Quellen im Koran. Das führt nicht nur zum Ablegen des (vermeintlichen) Stück Stoffs, sondern zu einem vollkommen neuen Lebensentwurf. Einfühlsam, intim aber nie indiskret schildert der Film diese Entwicklung und ihre Folgen für die Protagonistin und ihre Familie. Ein ganz wichtiger Film zum Thema Integration.
Mehr auf www.facebook.com unter Hüllen.

Debatte:
Goethe macht's möglich: Frauen diskutieren über Koranstellen.....
Necla Kelek: "Herr, mache ihnen Raum in ihrer engen Brust2

Khola Maryam Hübsch hält dagegen: "Auf mancherlei Weise angenehm"

Sonntag, 9. Januar 2011

Das war die 1. Kalenderwoche: Politikerinnen – Julia Klöckner – Kristina Schröder - Psychologinnen


Ein frohes, gesundes und gelingendes 2011 wünsche ich an dieser Stelle allen LeserINNEN und LeserERN.
Es scheint, als stünden am Anfang des Jahres die Zeichen auf mehr Weiblichkeit. In der heutigen F.A.S. (09.01.2011; Nr.1) ist ein erfrischendes Interview mit Julia Klöckner, CDU-Spitzenkandidatin in Rheinland-Pfalz zu lesen. Mit mehr "Family Mainstreaming" soll die Familienfreundlichkeit bei politischen Entscheidungen stärker berücksichtigt werden. Interessant auch die hier erwähnte Definition von Familie, die Familienministerin Kristina Schröder in die Diskussion gebracht hat. Familie sei eben nicht nur Vater-Mutter-Kind(er), sondern "Auch da, wo sich der Sechzigjährige um seinen Schwiegervater oder die Nichte um ihre Tante kümmert." so Julia Klöckner. Es geht also um Beziehungen, um Leistungen, die nur sehr unzureichend an einen professionellen Träger ausgelagert werden können. Wird die Politik nun weiblicher, will sagen: wird nun mehr in vernetzenden Strukturen gedacht und nicht in Schubladen. Die vermeintliche Effizienz, am traditionellen männlichen Berufs- bzw. Karriereweg orientiert, schreibt vor: Ausbildung/Studium – erste Schritte im Berufsleben – Kind. Demographische Entwicklung und Fachkräftemangel entlarven die Ineffizienz dieses Ansatzes in der gesamtgesellschaftlichen Lebensrealität. Die CDU-Spitzenkandidatin plädiert daher für Begleitprogramme, die ein Studium mit Kind erleichtern sollen. Der geforderte "Mentalitätswandel" würde dazu führen, das typisch männliche Verhalten der "übertriebene(n) Präsenzkultur in Unternehmen" als Qualifikationsmerkmal aufzugeben und stattdessen "die tatsächlichen Arbeitsergebnisse" angemessen zu bewerten.
Also wir dürfen hoffen, dass die zunehmend weibliche Präsenz in der Politik die Wahrnehmung weiblicher Kompetenzen verstärkt: Angela Merkel (CDU), Ursula von der Leyen (CDU), Kristina Schröder (CDU), Ilse Aigner (CSU), Sabine Leutheusser – Schnarrenberger (FDP), Julia Klöckner (CDU), Hannelore Kraft (SPD).

Bedauerlich ist dagegen das Fazit zu dem ein viel versprechender Artikel in der Januarausgabe des Magazins Psychologie Heute gelangt. Der Titel lässt hoffen: "Tiefstaplerinnen. Wie Frauen sich durch Selbstzweifel ausbremsen." Auch die darauf folgende Analyse wird mit den Erfahrungen vieler Leserinnen übereinstimmen: "Eine Frau, die in einer Gehaltsverhandlung selbstsicher und fordernd auftritt, wird leicht als arrogant und unverschämt wahrgenommen. Ihrem männlichen Kollegen wird dasselbe Verhalten als Souveränität ausgelegt." Dass, tief verinnerlichte Stereotype, wie manN und wie frau zu sein hat, nach wie vor das Verhalten bestimmen und dass sich die Belohnungssysteme entsprechend unterscheiden, ahnten wir schon. Leider diskutieren weder die Autorin Birgit Schönberger noch die zitierten Forscherinnen mögliche grundlegende Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen, die sich schon in den ersten Lebensjahren zeigen – bevor Erziehung und Konditionierung greifen. Stattdessen scheint frau indirekt dem "traditionell-männlichen Typ" bei den "Spielregeln" im Job zuzustimmen, wenn sie der Leserin männliche Verhaltens- und Empfindungsweisen empfehlen. Notfalls – wenn es nicht so gut klappt – unter Zuhilfenahme einer Therapie oder eines Coachings. Die Falle der Stereotype schnappt wieder zu; denn – zugegeben grob – zusammengefasst kommt doch die Botschaft an: Ihr lieben Frauen, ihr habt's schon wieder nicht kapiert, ihr seid falsch. Ändert Euch.
Wäre nicht eine andere Vision – ähnlich der von Julia Klöckner – wünschenswert? Nämlich das tatsächliche Selbst-Bewusstsein von Frauen zu untersuchen, also danach zu schauen, wann und wie Frauen ihrer Qualitäten bewusst werden und wie Frauen genau diese Qualitäten bewusst vertreten können und wie sich unterschiedliches Verhaltens- und Kommunikationsformen gesamtgesellschaftlich nutzen lassen. (Im Mittelalter hat das bessere Benehmen der ritterlichen Haudegen z.B. mit Marienkult und Minne einen ersten Schritt gemacht.)
Auch die Empfehlung an die StudentINNEN, keinesfalls unmittelbar nach dem Studium Kinder zu bekommen, sondern erst im Beruf Fuß zu fassen und Betreuungszeiten – v.a. im Fall einer Krankheit des Kindes – bereits vor dessen Geburt mit dem Partner fest zu vereinbaren, spiegelt professorale Weltfremdheit.
Da ist der geforderte "Mentalitätswandel" zukunftsweisender und – leider – auch eine Frauenquote, um eine gewisse Bremswirkung auf diejenigen Männer auszuüben, die sich sofort und ungefragt auf einen frei werdenden Platz stellen. Übrigens gut bei Stehtischgesprächen zu beobachten.