Sonntag, 23. Januar 2011

Das waren die 2. und 3. Kalenderwochen: PionierINen – Kristina Schröder - Christine Hohmann-Dennhardt - Emel Zeynelabidin – Maria Müller – Pionier: J.W. v. Goethe

Herzlichen Glückwunsch: Bundesfamilienministerin Kristina Schröder ist schwanger. "Herzlichen Glückwunsch" aber auch an die Republik, die mitten im Quotenstreit auf ein Baby warten darf, das Fakten im Ministerium schaffen wird. Eine praktische Umsetzung von besserer Kinderbetreuung (auch im Krankheitsfall), familienfreundlichem und arbeitgeberkonformem Zeitmanagement scheint in greifbare Nähe zu rücken. Ach und vieles mehr wohlmöglich.....
Überflüssig scheint aber z.T. der Versuch, auf politischer, aber auch auf medialer Seite "zwei Lager" schaffen zu wollen. Die Mütter-Mütter-Frauen, die sich nämlich ganz und gar der Familie und der Erziehung der Kinder widmen wollen und die Mütter-Berufs-Frauen, die ihrem Beruf nachgehen wollen, aber auch Familie möchten und auch nur 24 Stunden pro Tag zur Verfügung haben. Im Grunde wünschen letztere genau das, was die meisten Männer-Väter wie selbstverständlich beanspruchen – nämlich ein Familienbackoffice. "Das hat sich bei uns so ergeben" ist ein Satz, den ich von GeschäftspartnERn nicht selten höre. Die Gattin ist für Familie und Soziales zuständig und der Gatte für Beruf und Geld.
Entscheidet sich frau bewusst für die "klassische" Variante, bleibt die wahre Würdigung ihres Einsatzes in Familie und Ehrenamt häufig aus; denn was "wirklich" zählt sind Position und Verdienst. Das bekommt frau schnell zu spüren, wenn das "Familienteam" auseinander fällt. Eine in ökonomischen Größen messbare Anerkennung könnte z.B. darin bestehen, den gesamten Arbeitsaufwand für die lieben Kleinen, die pflegebedürftigen Verwandten und die gesellschaftlich wichtigen Ehrenämter in Stundenlohn und damit in Euro und Cent umzurechnen, zzgl. Renten- und Krankenversicherung – entsprechend der dann errechneten Gehaltsstufe. Vielleicht so: Zwei bis drei schulpflichtige Kinder, ein Elternteil, das immerhin Aufsicht benötigt, wenn nicht Pflege, ein Ehrenamt in der Kirche. Durchschnittliche aktive Arbeitszeit- und Präsenzpflicht: ca. 8-12 Stunden/7 Tage in der Woche...... Tätigkeitsprofil: Organisation, Coach, Pflegerin, Chauffeurdienste, Kommunikation....
Dieses "Gehalt" wäre dann direkt an die Frauen auszuzahlen und nicht über das Familiensplitting zu regeln. So könnte ich mir eine wirklich freie Entscheidung vorstellen und eine entsprechende gesellschaftliche Wertschätzung. Spätestens bei der Rente zeigt sich dann, was dieser Schatz wert ist.
Frankreich hat sich immerhin durchgerungen und die 40%-Quote eingeführt, streng nach dem Vorbild Norwegens. Denn auch im Nachbarland gibt es zu wenig Bewegung seitens der WirtschaftsführER gibt, qualifizierte Frauen in Führung zu bringen.
Ja, warum klappt das eigentlich so ungenügend mit den qualifizierten Frauen ganz vorn? Qualifikation allein reicht eben nicht – meistens wenigstens nicht - auch wenn Rainer Brüderle die These vertritt: "Frauen brauchen keine Quote – weil sie gut sind". Nur wenige Frauen dürften diese erfreuliche Erfahrung gemacht haben. Im Umkehrschluss würde die Aussage bedeuten, dass es eben nicht genügend "gute" Frauen gibt, aber dem steht ja die Auskunft vieler Statistiken entgegen.
Da ist sie wieder, die Glasdecke. Kaum sichtbar, aber deutlich zu spüren. Könnte es sein, dass der Begriff der "Qualifikation" einer näheren Betrachtung bedarf. Könnte es sein, dass die Einschätzung von "Qualität" und "Leistungsfähigkeit" eher nach männlichen Kriterien ausgerichtet ist, dass bestimmte Verhaltensmerkmale, Kommunikationsweisen und Statussymbole in der Außenwirkung den entscheidenden Ausschlag geben? Eine verfehlte Kommunikation wie bei Hund und Katze?
Hat frau dagegen einen wohlwollenden MentoR, dann hat sie es häufig leichter, ihr Können zu zeigen – in einer Männergesellschaft, wie z.B. der Türkei. Güler Sabanci steht auf der Liste der mächtigsten Frauen sehr weit oben. Der Unternehmerin gehört die größte Privatbank in der Türkei, sie verkauft Reifen, Wein und vieles mehr. Nach dem Tod ihres Vaters bereitete ihr Onkel den Weg, so dass sie heute für viele junge Türkinnen Vorbildfunktion hat.
Hierzulande muss es ohne Mentor gehen - häufig. Männliche Verhaltensweisen unreflektiert zu übernehmen ist wenig empfehlenswert. Die "Verkleidung" wird rasch enttarnt – und frau selbst wird auch nicht froh. Richterin Christine Hohmann-Dennhardt könnte dagegen ein nachahmenswertes Beispiel sein. Sehr modebewusst ist sie trotzdem links und Feministin. Nun wird die ehemalige Justizministerin Hessens mit dem sicheren Gespür für einen gut inszenierten Auftritt die erste Frau im Daimler-Vorstand sein – für das neue Ressort „Compliance und Integrität“
Herzlichen Glückwunsch!

Buchempfehlung:
Polarfrauen, Kari Herbert, Piper-Verlag 2010 oder www.malik.de
Die Autorin, selbst Tochter eines Polarforscherpaares, nähert sich den durchaus selbstbewussten Frauen, die hinter den ehrgeizigen Entdeckern von Nord- und Südpol standen. Geschichten vom "Backoffice".

Film:
Hüllen, Dokumentarfilm von Maria Müller (CH 2010) (Filmfestival Max Ophüls)
"Ich spüre den Wind" sagte mir Emel Zeynelabidin als sie nach einem langen Prozess ohne das Kopftuch auf die Straße geht. Im Kopftuchstreit, in dem sie aktiv – auch auf vielen Podien – dabei ist, erfolgt die Auseinandersetzung mit den Quellen im Koran. Das führt nicht nur zum Ablegen des (vermeintlichen) Stück Stoffs, sondern zu einem vollkommen neuen Lebensentwurf. Einfühlsam, intim aber nie indiskret schildert der Film diese Entwicklung und ihre Folgen für die Protagonistin und ihre Familie. Ein ganz wichtiger Film zum Thema Integration.
Mehr auf www.facebook.com unter Hüllen.

Debatte:
Goethe macht's möglich: Frauen diskutieren über Koranstellen.....
Necla Kelek: "Herr, mache ihnen Raum in ihrer engen Brust2

Khola Maryam Hübsch hält dagegen: "Auf mancherlei Weise angenehm"

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen