Kabarettisten und Politsatiriker haben es leicht dieser
Tage. Einfach Zeitung oder besser – Zeitschriften – lesen und fertig ist das
Programm.
Der Stern entlarvt gewisse Anzüglichkeiten, die
sich eine seiner Journalistinnen zu fortgeschrittener Stunde in der Hotelbar
von Rainer
Brüderle hat gefallen lassen müssen als sexistisch. Skandal?
Ein Jahr nach den
Ereignissen und pünktlich zum beginnenden Wahlkampf? Wohl eher Timing. Und trotzdem:
ist eine Frau jung und hübsch, der Mann in einer hierarchisch höheren Position
– tatsächlich oder gefühlt – und die Atmosphäre locker, können Grenzen sehr leicht sehr elastisch werden. Nichts gegen ein nettes Kompliment, aber
die Sensibilität dafür, wann der verbale Übergriff beginnt, fehlt gelegentlich.
Die Meinungen gehen auseinander. Frauen, die sich in ihren Grenzen verletzt fühlen, sollten
sich nicht so "anstellen", meinen die einen (nicht nur Männer!), ein Gespräch auf Augenhöhe im Wortsinne muss doch jederzeit möglich sein, die anderen (auch Männer!). Dass eine Frau mit einem Kommentar zur körperlichen Beschaffenheit des Mannes die Konversation etwas auflockern möchte und z.B. ihre Ansicht zu Brustbehaarung oder Erfolgen im Fitnessstudio ihres Gegenübers äußert (um anatomisch im diskutierten Bereich zu bleiben), dürfte mit
Recht Befremden auslösen.
Dass nun ausgerechnet der Stern mit einer Sexismusdebatte
die moralische Sensibilität und vielleicht auch die Verkaufszahlen erhöhen will, entbehrt nicht einer gewissen Komik. Es gibt wohl kaum ein Cover ohne eine attraktive
junge Frau, die sehr leicht oder gar nicht bekleidet für ein beliebiges Thema
des kritischen Journalismus zu werben
hat. Zuweilen in so provozierender Haltung, dass die Zeitschrift vom Unkundigen
leicht mit Blättern eines ganz anderen Genres verwechselt werden könnte.
Überhaupt zeigt sich in diesen Wochen, wie sich die
etablierte Männerquote von rund 98 Prozent in den Chefredaktionen auswirkt. Das Magazin Focus titelte mit Starken Frauen, die
bekennen: "Wir wollen keine Frauen-Quote!" Und wieder muss das Klischee, Quote oder Leistung für vermeintliche Kritik herhalten.
Wer aber sind die starken Frauen, die es allein geschafft haben, ganz ohne Quote? Eine Schauspielerin, kommt sehr wahrscheinlich nie für eine
männliche Rolle infrage. Eine Skiläuferin, wird sich im Wettlauf um
die Zeit nach den gegebenen Regeln wohl eher gegen KonkurrentINnen durchsetzen müssen? Eine Moderatorin, hat im harten Mediengeschäft durchaus eine Altersquote zu fürchten, die wohl eher männlicher Beurteilung obliegt und für ModeratorEN und NachrichtensprechER wesentlich großzügiger ausfällt. Folgt man dem Argument, dass Quotenfrauen nicht qua Leistung sondern allein dank einer gesetzlichen Regelung auf den Chefsessel gelangen, wie wäre dann mit Trägerinnen der Namen Wagner (Festspielchefin Bayreuth), Quandt (Vorsitzende der Harald Quandt-Holding), und Cramer (Geschäftsführerin Warsteiner/Haus Cramer KG) umzugehen ....?
Die Frauen, die ihren Aufstieg allein ihrer Leistung verdanken, werden mit Statements zitiert, die durchaus nicht im Widerspruch zu einer Quote stehen:
"Damit wirklich mehr Frauen in Führungspositionen kommen, müssten sich Managementstrukturen ändern" (Johanna Hey, Professorin für Steuerrecht)
"Viel wichtiger ist es, Frauen aus dem mittleren Management zu entwickeln, damit sie für Top-Jobs in Frage kommen." (Regine Stachelhaus, Personalchefin von E.ON)
(FOCUS, 14. Januar 2013, Nr. 03/13, S.36-47)
Aha! Genau darum geht's! Weiterführend ließe sich noch fragen, welche Führungsqualitäten überhaupt als solche anerkannt werden? Wie verlaufen Rekrutierungsprozesse (vgl. Blogbeitrag vom 09.12.12)
Das anonym geschriebene Buch einer Topmanagerin, die sich
weder als Autorin noch im Interview zu erkennen gibt, vermittelt ein sehr
realistisches Bild vom steinigen Weg, den Frauen in die Toppositionen
zu bewältigen haben. Das Äußere kann dabei nur selten ausgeklammert werden.
Große Frauen haben zwar das Glück von männlichen Kollegen und Vorgesetzen eher
für voll genommen zu werden als kleine und schmale, aber wehe sie
tragen High Heels und überragen ihr männliches Gegenüber. Ist eine Frau sehr
attraktiv, ist es ihr nahezu unmöglich die Aufmerksamkeit auf ihre fachliche
Kompetenz zu fokussieren; ist sie es zu wenig, hat sie häufig mit Ablehnung
seitens der männlichen Entscheidungsträger zu rechnen. Und wie definiert sich Qualifikation...?
"FAS: Hilft die Quote?"
Anonyma: Ja, weil zu oft nach männlichen Kriterien befördert
wird. Es heißt: ist die Person selbstbewusst, entschlussfreudig,
durchsetzungsstark? Nie habe ich in Auswahlprozessen gehört: Welcher Kandidat
geht gut mit Mitarbeitern um? Wer ist kooperativ oder sprachlich begabt?"
(F.A.S. 03. Februar 2013, Nr. 5,
Wirtschaft S. 26)
Der satirische Blick auf's Thema: