Sonntag, 20. März 2011

Das war die 11. Kalenderwoche: Latte-Macchiato-Mütter und Leitwölfe

Supermammi oder (einsamer) Leitwolf? Wo sind die tragfähigen Leitbilder? In der Diskussion mit der Buchautorin Bascha Mika (Die Feigheit der Frauen) während einer Veranstaltung des Zonta Clubs Berlin Mitte, wird deutlich, dass alles auf den Prüfstand muss. Die "Latte-Macchiato-Mütter", die ihr selbstbestimmtes Leben einer fragwürdigen finanziellen und emotionalen Abhängigkeit vom Ehemann opfern, haben es der Autorin besonders angetan. Hier fürchtet sie Rückschritte. Frauen machten es sich in der Komfortzone bequem, statt möglichst rasch wieder ins Erwerbsarbeitsleben zurückzukehren und vom Kindsvater entsprechende Beteiligung bei der Familienarbeit einzufordern. Statistiken zeigen, dass immer weniger dieser Frauen voll berufstätig sind. Der Vorwurf geht an die Frauen, die sich in ihrer Feigheit nicht ausreichend individuell gegen die (Struktur-)Grenzen stemmen; aber so einfach geht's wohl doch nicht. Meist sind es ja die Frauen, mit den schlechter qualifizierten und bezahlten Jobs. Im Schnitt – wir erinnern uns – verdienen Frauen 23% weniger als Männer. Hier entscheidet also jede Familie in statu nascendi nur ökonomisch, wenn der besser verdienende Partner mit mehr Aufstiegschancen seine Anstellung behält. Ein für unsere Gesellschaft sehr unwürdiger Zustand, aber einer, der von den Strukturen abhängt – da kann frau am heimatlichen Herd noch so oft mit dem Fuß aufstampfen. Hier ist Gleichstellung gefordert:  ein ergiebiges Tätigkeitsfeld für gewerkschaftliche Arbeit.
Wäre also Gleichheit erreicht – würde in vielen Fällen die Entscheidung vermutlich anders ausfallen; denn viele Männer "beneiden", nach eigener Aussage, Frauen um das Privileg nach der Geburt des Kindes zwischen (vorübergehendem) Hausfrauendasein oder Berufstätigkeit wählen zu können. Es gibt sie aber schon die Inseln. So ist bei Bündnis 90/Die Grünen eine echte Elternzeit für Väter vorgesehen, die nicht – wie in vielen Wirtschaftsunternehmen – belächelt und als Karrierebremse missbraucht wird. Vielmehr haben diejenigen Männer, die darauf verzichten, ein Imageproblem. "Sie sind als Männer in die Elternzeit gegangen und kommen als Menschen wieder zurück" so die Erfahrung von Bascha Mika bei der taz.
Aber kann es denn nicht auch sein, dass den gut ausgebildeten jungen Frauen es möglicherweise wichtig ist, auch Mutter zu sein, Familie und Kinder zu haben? Vielleicht begreifen Sie ihre Kinder nicht als Störfall oder als gar als Schicksalsschlag, sondern als Menschen, zu denen eine nur schwer bilanzierbare Beziehung aufgebaut werden muss – deren Belastbarkeit sich spätestens in der Pubertät beweist. Professorin Gertrud Höhler, Beraterin von Wirtschaft und Politik plädiert für einen differenzierten Blick. "Jeder muss seinen Lebensweg finden. Frauen dürfen sich vor allem nicht unter Druck setzen lassen, nach dem Motto: Du bist nur wertvoll, wenn Du ins Büro rennst. Familienfrauen, die sich um ihre Kinder kümmern, tun sehr, sehr viel für die Zukunft unserer Gesellschaft! Leider wird das nicht richtig wertgeschätzt."
Vielleicht möchten diese Frauen auch nur einen bestimmten Lebensabschnitt dafür auswählen. Hier aber droht die Falle. Ein Zurück, wenigstens eines in eine adäquate Stellung ist schwer bis unmöglich und so sieht die Bascha Mika ein Doris-Day-Hausfrauendasein vorgezeichnet. Aber genau an dieser Stelle treffen Struktur und individuelle Lebensgestaltung aufeinander. Eine Gesellschaft, in der nur der Erwerbstätige als vollgültig Arbeitender betrachtet wird, tut sich schwer, Familien-Arbeit (wozu auch Pflege gehört) vollgültig anzuerkennen.
Möglicherweise sind es gerade die Mütterqualitäten, die den weiblichen Beitrag zum Wirtschaftsgeschehen unter den gegebenen Umständen so überraschend erscheinen lassen. Um überhaupt ein Kind zur Welt zu bringen, wird dem weiblichen Organismus und der Psyche einiges an Change Management abgefordert. Die anschließende Begleitung und Erziehung eines Menschen vom Stadium des Säuglings bis zum gesellschaftstauglichen Erwachsenen stellt höchste Ansprüche an die Personalführung. Das merken dann auch Väter. Es geht um nichts weniger als um Individualführung, Teamführung, Motivation, die richtigen Anreizsysteme und natürlich immer wieder um Coaching. Hier wird die Fähigkeit, sich in andere hinein zu versetzen geschult, die Frauen an anderer Stelle oft zögerlich auftreten lässt, aber gleichzeitig für eine ganzheitliche Sicht auf die Dinge sorgt. 
Das pauschale "Wir", das Bascha Mika in ihrem Buch verwendet, provoziert (fast) alle Frauen und schiebt eine wichtige Diskussion an. Die wenigsten dürften sich in ihrem Berliner-Prenzlauer-Berg-Mütter-Modell wiederfinden. Aber warum ziept es denn? Ist es die Haremsdame in uns, die Macht des Mütterlichen, die es engagierten Vätern durchaus schwer machen kann? Welchem Selbstbild folgen wir? Haben wir überhaupt ein eigenes, ein wirklich genuin weibliches? Was zu früheren Zeiten durch die Familie erfolgte, erledigen heute die Medien. Girlsmagazine, Frauenzeitschriften, Werbeplakate und Germanys next Topmodell, führen uns im Hochglanzformat vor, dass alles vorauf es ankommt, der Look ist und später die Familie + Look. Junge Mädchen eifern diesen geschlechtspezifischen Vor-Bildern genauso nach, wie Jungen den ihren. Das ist normal. Auf der einen Seite photoshopgeschönte Barbiepuppen. Auf der anderen schwitzende Fußballhelden, die sich auf dem Platz durchsetzen.
In den Zeitungskiosken sucht frau vergebens nach einem Journal, das z.B. Wirtschaftsthemen oder Politik mal aus  weiblicher Sicht aufbereitet. Eine belastbare Analyse und ein Vergleich UnternehmerINnen geführter Unternehmen, oder eine Vorher-Nachher-Vergleich von Konzernen, die eine Frau auf dem Chefsessel haben. Welche Erfindungen sind weiblich oder welche Technologien werden von Frauen bevorzugt und warum? Wäre der in der neuen Business Vogue angebotene Hometrainer mit Internetsurfmöglichkeit für rund 7.000,- € dabei? Welche Wissenschaftlerin hat für was eine internationale Auszeichnung bekommen. Es gibt sicher welche. Wie weiblich arbeitet der Regisseur François Ozon beim Dreh seines Films 8 Frauen? Und so weiter und so weiter..... Und natürlich kann sich auch die Businessfrau für ein geschmackvolles Outfit, das sich nicht notwendig im Einheitsanthrazit nur mit seitlichen Abnähern erschöpft interessieren. Das eine Thema muss das andere nicht ausschließen.
Das Extraheft der Aprilausgabe des Vogue-Magazins – Business Vogue – ist ein Anfang; bleibt aber dennoch im Wesentlichen bei Schönheit, Outfit und teuren Reiseangeboten hängen. Einige sehr interessante Frauen werden vorgestellt, die sich deutlich von den Models unterscheiden.

Weitere Links:

Immerhin Al-Quaida nutzen die Möglichkeiten zur Imagebildung der Islamistin:
„AL-SHAMIKHA“
Die Terroristen geben ihr eigenes Frauen-Magazin heraus – die „Dschihad-Version“ für die gläubige Frau von heute...
„Al-Shamikha“ (dt. „Die majestätische Frau“) wartet mit Ratschlägen für jede Lebenslage auf: • Männersuche: „Heirate einen islamischen Glaubenskrieger!“ • Outfit-Nöte: „Verhülle dein Gesicht!“ • Öffentlicher Auftritt: „Geh nur in dringenden Notfällen aus dem Haus!“
Das Cover zeigt die kleine Abbildung einer vermummten Frau, darunter die große Abbildung einer Maschinenpistole.
Es folgen Geschichten von Witwen, die von den Selbstmordanschlägen ihrer Männer „schwärmen“. „Der Gläubige gewinnt durch das Märtyrertum Sicherheit, Geborgenheit und Glück“, schreibt „Al-Shamikha“.

Die bevorstehende WM des Frauenfußballs findet dagegen in den Medien kaum Resonanz. Die deutsche Frauen-Elf verteidigt hier den Titel! Wo sind die Hochglanzmagazine? Wo die Berichte über die Vorbereitung bei den Frauenschaften.... Wie war das noch während des Sommermärchens 2006...? Das Outfit findet immerhin Erwähnung.
Fußball-WMTrikot der Spielerinnen präsentiert
Im Frankfurter Club `Cocoon` wurde am Donnerstagabend das Trikot der deutschen Frauen-Nationalmannschaft für die Fußball-WM präsentiert: Weiß für „Heimspiele“, rot-schwarz für „Auswärtspartien“.

Dennoch zeigt sich der deutsche Fußball innovativ; denn ausgerechnet im Fußball, bei den Jungs, werden weibliche Elemente im Führungsstil entdeckt: "Kooperation" und "emotionales Führen" verspricht nachhaltigen Erfolg. Partnerschaft statt der Wo-ich-bin-ist-Oben-Strategie und Kritikresistenz. Motivation statt purer Ausbeutung der Leistung. Kurzfristiger Erfolg oder langfristig am Ball bleiben? Das wird in Zukunft zunehmend die Frage sein - nicht nur für Fußballclubs.
Das Ende der Leitwölfe
...In Dortmund hingegen triumphiert ein Modell der Kooperation
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 13. März 2011 Nr. 10 Sport S. 17

Die Fähigkeit, sich in andere hinein zu versetzen und Dinge sehr komplex zu betrachten, ist die eine Seite der Medaille, die andere: sind Frauen erst einmal auf dem Chefsessel angekommen, ist es zuweilen schnell vorbei mit der weiblichen Kollegialität. Auch ein Haremsproblem: der Konkurrenzdruck ist groß und wird männlich dominiert. Bleibt abzuwarten, ob und inwieweit sich an diesem Verhalten etwas ändert, wenn mehr Frauen an die Spitze gelangen.
Gertrud Höhler hält nichts von Quotenfrauen
Essen/Berlin. Die Diskussion läuft: Soll es eine Frauenquote für Vorstände und Aufsichtsräte in der deutschen Wirtschaft geben, damit Frauen an der Macht teilhaben können? Professorin Gertrud Höhler, Beraterin von Wirtschaft und Politik, sagt: „Nein!“

Etwas von dem, was es Frauen so schwer macht in die Alphariege vorzudringen, die lästige Selbstrelativierung, kann gelegentlich viel, viel Geld sparen und wirtschaftlich nachhaltig sein. Wie real ist die Welt der Führungskräfte, die nur Qualität und keine Quote gelten lassen, die sich nur auf  harte Zahlen und Fakten berufen? Was, wenn die Fakten und die Zahlen - nun sagen wir mal -  "reinterpretiert" wurden, weil sie nicht ins Konzept passten, nämlich in das eines gefeierten Managers, der über viel Ausstrahlung und offensives Auftreten verfügt. Eines Managers mit Führungsqualitäten, durchsetzungsfähig und entscheidungsfreudig - nur leider ohne Bodenkontakt. Fehler nur bei anderen zu suchen, sich als Opfer einer Kampagne zu sehen - unabhängig vom persönlichen Handeln - das sind bekannte Muster, die auch auf Thomas Middelhoff zutreffen. Einst gefeiert, jetzt vor Gericht.
Verlust der Realität
....Wenig ist noch übrig vom Glanz des Ex-Arcandor-Chefs....Er selbst versteht die Welt nicht mehr und klammert, sich an sein Selbstbild
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 13. März 2011 Nr. 10 Wirtschaft S. 38

Dennoch fehlen die Erfahrungen mit Frauen in den Chefsesseln und damit die Vorbilder. Sind Chefinnen "zickig", weil sie selber nachschauen ob die Arbeit getan und sich nicht so leicht von Performance blenden lassen. Ließe sich das nicht auch mit Effizienz umschreiben? Oder führen sie komplizierter und anspruchsvoller, indem sie Mitarbeiter in Prozesse und Entscheidungen mehr einbinden und damit auch mehr Ver-Antwortung fordern?
Nur jeder Zehnte will eine Frau als Chef
Wirtschaft und Politik fordern mehr weibliche Führungskräfte. Doch vielen Arbeitnehmern ist laut Umfrage ein Mann an der Spitze lieber.

In der Gesundheitspolitik tut sich 'was. Der Hartmannbund, der Verband der Ärzte Deutschlands mahnt angesichts von 60% Medizinstudentinnen auch mehr weibliche Beteiligung in den Gremien an, in denen gesundheitspolitische Entscheidungen fallen.
Bei der KBV (Kassenärztliche Bundesvereinigung) nur Männer an der Spitze?
Bühren: Wir brauchen auch in Spitzenpositionen der ärztlichen
Vertretungen mehr Frauen
Den Text der Pressemeldung finden Sie auf der Homepage des Verbandes

Ein Anfang ist gemacht:

Barmer-Chefin wird oberste Pharma-Lobbyistin
Die Vorstandschefin der Krankenkasse Barmer-GEK, Birgit Fischer, wird Zeitungsberichten zufolge neue Chef-Lobbyistin des Verbandes forschender Arzneimittelhersteller. Damit will der Verband sich neu ausrichten.

Auf Bundesebene wird eine gesetzliche Regelung für mehr Gleichstellung noch nicht aufgegeben. Nordrhein-Westfalen prescht mit einem Gesetzesentwurf auf der 881. Plenarsitzung des Bundestages vor.
Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen (FöGAbUG)
Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen
Nordrhein-Westfalen möchte den Anteil weiblicher Führungskräfte in der Wirtschaft erhöhen. In den deutschen Wirtschaftsunternehmen sei die Anzahl weiblicher Führungskräfte immer noch verschwindend gering. An hochqualifiziertem weiblichem Nachwuchs bestehe zwar kein Mangel, doch zeige sich auch im Jahr 2010, dass Vorstände und Aufsichtsräte börsennotierter Aktiengesellschaften fest in Männerhand seien.

Global:

Gesundheit von Frauen wird schlecht geschützt
Vor allem in den Ländern der sog. Dritten Welt haben Mädchen und Frauen deutliche Nachteile hinzunehmen, wenn sie ärztliche oder pflegerische Hilfe in Anspruch nehmen müssen - Mädchen in Asien haben zu leiden.

Frauenrechte im Nordirak
Zeit zum Umdenken
Auf den ersten Blick hat sich die politische Situation der Frauen im Nordirak verbessert: Fast ein Drittel der Abgeordneten im irakischen Teil Kurdistans sind Frauen. Doch noch immer ist die Zahl der Ehrenmorde und der Selbstverbrennungen hoch, wie Mona Naggar berichtet.

Gegen Patriarch und Pascha
Frauen spielen in den Aufständen im arabischen Raum eine große Rolle. Die Geschichte zeigt aber: Mit der Diktatur endet die Unterdrückung noch nicht.
Eine Koalition von 63 Frauengruppen wehrt sich entschieden gegen erste Versuche, den Frauen im neuen Ägypten den ihnen gebührenden Platz im öffentlichen und politischen Leben zu verwehren... Der wahre Kampf beginnt erst jetzt, damit der Traum von einem freien, gleichberechtigten Ägypten in Erfüllung geht.

Frauen demonstrieren nackt gegen Europas Polit-Machos
Männerkult und Bunga-Bunga-Partys: Mit nackter Haut protestieren ukrainische Feministinnen gegen Staatsmacht und Sextourismus. Nicht nur Männer stört das.
Ihr stärkstes Argument sind nackte Tatsachen.
Seit Wochen sorgt die ukrainische Frauenbewegung Femen mit Oben-ohne-Protesten europaweit für Aufmerksamkeit. Ob sie vor der italienischen Botschaft in Kiew gegen Silvio Berlusconis Bunga-Bunga-Partys demonstrieren, gegen Wladimir Putins autoritären Männerkult zu Felde ziehen oder gegen schlüpfrige Äußerungen ihres eigenen Präsidenten Wiktor Janukowitsch auf die Straße gehen:







Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen