Sonntag, 27. März 2011

Das war die 12. Kalenderwoche: "Le Patron? C'est moi." - Der Chef bin ich! - Zickenkrieg - Debatte


Auf die Frage, was denn "gut im Osten" sei, fällt Reiner Haseloff sofort "die ostdeutsche Frau" ein. Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung lobt der CDU-Fraktionsvorsitzende in Sachsen-Anhalt, ihre Nüchternheit, wenn es z.B. um solche Dinge wie Fleisch geht. "Die ostdeutsche Frau. Sie ist unkompliziert. Durch die Diktaturerfahrung setzt sie andere Prioriäten. Zum Beispiel diskutiert sie nicht stundenlang über Biofleischsorten, sondern es geht um Fleisch oder Nichtfleisch. Sie ist nüchterner." Das hat für einen sehr heiteren Start in den Sonntagmorgen gesorgt. Aber jetzt mal wirklich nüchtern betrachtet, offenbart diese durchaus als Lob – wenn nicht gar – Kompliment gemeinte Äußerung, wie tief Klischees sitzen, ehemalige DDR hin, werktätige ArbeiterINen her.
Frauen, die diskutieren sind folglich kompliziert und daher eher zu meiden? Bleiben wir beim genannten Beispiel: wären Fragen zu Antibiotikarückständen, zu Tierhaltung und den Konsequenzen für  Mensch und Umwelt irrational?
"Wir Ossis sind nicht bekloppt"
27. März 2011
Debattierende, ja um eine Sache gar streitende Frauen sind unserem kulturellen Bewusstsein immer noch fremd. Schnell ist von Zickenzoff die Rede, ob beim öffentlichen Ringen der MinisterINnen Schröder und von der Leyen um die Quote oder jetzt bei der Diskussion ob Hausfrauen nun feige sind oder ob sie sich wie die englische Autorin Natasha Walter in ihrem Buch "Living dolls" wohl behauptet, nur auf ihre Schönheit konzentrieren.
Solche Beiträge provozieren, spiegeln sie doch nur einen Ausschnitt vom Ganzen - manchmal einen ganz klitzekleinen, nur ganz weniger Frauen. Und natürlich werden sich einige QuotengegnER bestätigt sehen, dass es Frauen eben doch nicht packen, weil zu einigen Aspekten handfester Dissens herrscht. Na und! So ärgerlich frau manche Thesen aus den jüngsten Buchveröffentlichungen finden mag. Vielleicht erliegt auch Simone Schmollack dem von ihr eigentlich beklagten "Frauenbashings" und beteiligt sich am "Keifen". Unter dem Titel Frauen gegen Frauen: das unsolidarische Geschlecht steht der Beitrag für Deutschlandradio Kultur in seiner Haltung den kritisierten Veröffentlichungen – Die Feigheit der Frauen oder Living dolls - verdächtig nahe. Statt Zwangsharmonie einzufordern, wäre eine argumentative Auseinandersetzung mit den dort aufgestellten Thesen dem Diskurs nützlicher. Warum dürfen MinisterINen um eine wichtige gesellschaftspolitische Entscheidung weniger streiten als MinistER? Von letzteren sind wir es vielleicht eher gewohnt. Warum sollen nicht Frauen nicht die Auseinandersetzung suchen dürfen, wenn es um nichts weniger geht, das Selbst-Bild hinter dem jahrhundertealten Vor-Bild zu entdecken? Im Für und Wider werden Denk- und Verhaltensmuster, Selbstverständnis und Klischees manchmal überhaupt erst erkennbar. Eines der tief verinnerlichten Klischee lautet z.B. (immer noch): Mädchen streiten nicht, Mädchen zicken. Die Angst als Zicke lächerlich gemacht und nicht als erwachsener (weiblicher) Mensch ernst genommen zu werden, sollte eine kontrovers geführte Debatte nicht verhindern. Vielleicht müssen wir uns an solche Auseinandersetzungen erst gewöhnen. Zunächst können wir ja mal versuchen, auf medialer Ebene durchzusetzen, dass Frauen, unterschiedlicher Meinung, genauso solidarisch sind wie Männer, in der gleichen Situation.
Frauen gegen Frauen: Das unsolidarische Geschlecht
Von Simone Schmollack
Ob PolitikER oder ManageER in oberster Führungsriege, beide wären nicht an der Position – zumindest in der momentan besten aller Welten - wenn sie stets allen anderen den Vortritt gelassen hätten. In der männlichen Variante wird das als machtbewusst und durchsetzungsfähig akzeptiert, Frauen gelten dagegen als unsolidarisch. Was denn nun? Einerseits sollen Frauen mehr Biss entwickeln, andererseits sich aber in sanfter Zurückhaltung üben, wenn es zur Sache geht. Diesen Widerspruch benennt, Adolf Dinglreiter in seinem Vortrag zur FU-Hauptversammlung der CSU an: "Ist vielleicht doch etwas dran an der oft geäußerten Meinung, dass wir von Frauen in Führungspositionen mehr erwarten als von Männern? Wenn Kohl dem Nachwuchs keine Chance gab, war er, machtbewusst'. Wenn bei Kanzlerin Merkel Führungskräfte aus zweiter Reihe weggehen, um sich zum Beispiel in der Wirtschaft gut dotierte Posten zu suchen, dann wird sie eine ,Männer-Fresserin' genannt." Stehen Frauen zunehmend für sich ein, werden sie auch Unterstützung bei einigen Männern finden. So zählt Dinglreiter zu den BefürwortERn einer Frauenquote.
FU-Hauptversammlung im Zeichen des Jahres der Frau bei der CSU
Auch Quote gibt Qualität
Authentisch bleiben, gleichzeitig Selbstzweifeln nicht erlauben, auch noch das letzte Quentchen Mut für den eigenen Weg zu ersticken, ist eine konstante Herausforderung für Frauen, die sich ihren Weg in einer immer noch fremden, nach männlichen Spielregeln funktionierenden Berufswelt bahnen. Die Diskussion von Frauen, die es geschafft haben auf dem Podium anlässlich der Welt-"Frauenkonferenz", gibt einen sehr wichtigen Einblick in die Realität. Daniela Favoccia (Partnerin der Großkanzlei Hengeler Mueller), Silvana Koch-Mehrin (Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments), Inga Michler (Welt-Moderatorin), Claudia Nemat (Direktorin McKinsey) und Ann-Kristin Achleitner (Professorin an der TU München) mussten jeweils ihre ganz individuelle Strategie im Privaten wie im Beruflichen entwickeln. Fazit:
Koch-Mehrin: (...) Die EU-Kommissarin Viviane Reding hat ihre Drohung unmissverständlich klargemacht. Entweder die börsennotierten Firmen in Europa legen innerhalb eines Jahres auf den Tisch, wie sie es erreichen wollen, 30 Prozent weibliche Aufsichtsräte bis 2015 und 40 Prozent bis 2020 zu haben. Oder Frau Reding zieht einen Richtlinienentwurf aus der Schublade.
Favoccia: Erfolgreich ist, wer authentisch ist.
Achleitner: Ich wünsche mir, dass wir das Thema Familie und Beruf insgesamt toleranter sehen. Wir müssen andere Entwürfe gelten lassen und aufhören, andauernd wertend übereinander herzufallen.
Favoccia: Und drittens sollten Männer, die Teilzeit arbeiten möchten, nicht belächelt, sondern anerkannt und respektiert werden.

Weitere Links:
 Inzwischen beschäftigen sich auch unterschiedliche Studien mit dem Phänomen Glasdecke
Juristinnen auf der Überholspur
Die Langzeitstudie der eligo Psychologische Personalsoftware GmbH in Zusammenarbeit mit dem Unicum Verlag: Zwischen 2003 und 2010 wurden insgesamt 20.928 Personen, davon 841 Rechtswissenschaftler/-innen, die überwiegend kurz vor oder kurz nach ihrem Studienabschluss standen, nach ihren beruflich relevanten "Lebenszielen" bzw. Befriedigungspotenzialen befragt und deren Leistungspotentiale erfasst.
Auffallend ist die starke Abnahme des "Durchsetzungsvermögens" bei beiden Geschlechtern (Frauen: von 63 Prozent auf 52 Prozent, Männer: von 69 Prozent auf 61 Prozent). Dazu passt, dass "Macht" als Anreiz entsprechend dem allgemeinen Trend immer unwichtiger wurde, wobei die Abnahme bei Männern (von 67 Prozent auf 63 Prozent) schwächer ausfällt als bei Frauen (von 66 Prozent auf 57 Prozent)

Das Abenteuer der Frauen
Warum kommt Frau in der Karriere nicht voran? Die Forschung läuft heiß, die Regierung ruft zum Quotengipfel Von Bettina Weiguny
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 27. März 2011 Nr. 12 Wirtschaft S. 43

Der Equal-Pay-Day am 25. März dokumentiert, welche Hürden überhaupt erst genommen werden müssen, um eine echte Gleichstellung zu erreichen. Bis zu diesem Tag hätten Frauen länger arbeiten müssen, um das durchschnittliche Vorjahresgehalt von Männern zu erzielen. 23% Gehaltsunterschied in Lebenszeit übersetzt.
Frauen wollen gleichen Lohn für gleiche Arbeit
Sprockhövel, 22.03.2011, DerWesten
„Was wir beispielsweise brauchen, ist Transparenz auf der betrieblichen Ebene, wie es um die Entgeltgleichheit bestellt ist“, meint Referentin Dr. Andrea Jochmann-Döll. http://www.derwesten.de/staedte/sprockhoevel/Frauen-wollen-gleichen-Lohn-fuer-gleiche-Arbeit-id4453184.html

Bundesweiter Aktionstag Equal Pay Day am 25. März 2011 - Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männer schaffen
Rostock/Stralsund/GNN/MVregio  Der 2008 bundesweit eingeführte Aktionstag Equal Pay Day am 25. März will Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männer schaffen.

„Equal Pay Day“ 2011: Frauen in Hessen fordern Lohngerechtigkeit- Mit Lohnlücke von 23,2 Prozent ist Deutschland Schlusslicht in Europa

Frauen kämpfen für gleiche Bezahlung
Bei einer Kundgebung in Celle anlässlich des Aktionstages zur Gleichstellung der Löhne vonFrauen und Männern hat sich die ehemalige Vize-Vorsitzende des DGB, Ursula Engelen-Kefer, für einen gesetzlichen Mindestlohn und eine Frauenquote ausgesprochen.

Fernsehbeitrag
Auf die 23 - Hildesheim feiert Equal Pay Day


Für den richtigen Biss und das notwendige Durchsetzungsvermögen sei folgender Kongress empfohlen:
Mehr Power, Frauen! Beim Kongress women&work sind 60 Top-Unternehmen auf der Suche nach weiblichem Führungskräftenachwuchs
Best-Practice Beispiele erfolgreicher Frauen (mit Kindern) in der Podiumsdiskussion “Mit Rabenflügeln ab durch die Glasdecke – oder was machen erfolgreiche Frauen anders?”
Dr. Dorothee Ritz
Und doch fehlt Frauen häufig die richtige Strategie und eine gewisse „Bissfestigkeit“, sich im Berufsleben zu behaupten ― sei es im Bewerbungsprozess, beim Aufstieg zur Führungskraft oder in Gehaltsverhandlungen. Hier bietet der Kongress women&work am 14. Mai 2011 in Bonn Unterstützung.

Wer sich am verdienten Feierabend noch Mut machen will, dem sei der neueste Film von François Ozon empfohlen. In "Potiche" – übersetzt: Schmuckstück – mutiert Catherine Deneuve von der braven Gattin zur Chefin des Familienunternehmens. "Der Zuschauer soll mitfühlen und sich mit dieser Trophäenfrau identifizieren, "die nicht als Schmuckstück im Regal stehen bleibt". In diesem Sinne ist es ein feministischer Film", so der Regisseur.
http://www.potichelefilm.fr/ (link zum Original Videotrailer: Potiche)

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