Donnerstag, 14. Oktober 2010

Arme Länder ziehen bei #Gleichstellung vorbei - Nachrichten - DIE WELT - #Wirtschaft - #WELT ONLINE

So machen's also die Anderen.


Die Welt: 13.10.10 Arme Länder ziehen bei Gleichstellung vorbei
Deutschland fällt im "Gender Gap Index" zurück - Lesotho und Philippinen sind besser - Skandinavien ganz vorn
Von Clemens Bomsdorf
Kopenhagen - Deutschland macht in Sachen Gleichstellung der Geschlechter kaum Fortschritte, während die nordischen Länder weiter führend sind. Zu diesem Schluss kommt die jährliche Studie des World Economic Forum. Beim aktuellen Global Gender Gap Index landet Deutschland auf Platz 13 - vor fünf Jahren lag es noch auf Rang fünf. Island, Norwegen, Finnland und Schweden belegen wie gehabt die ersten vier Plätze. Damit haben auch ärmere Länder wie Lesotho (Rang 8), die Philippinen (9) und Südafrika (12) Deutschland hinter sich gelassen.
Untersucht wurde, wie unterschiedlich Frauen und Männer in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Bildung und Gesundheit dastehen. Dabei ging es den Wissenschaftlern darum, die relativen Differenzen zwischen den Geschlechtern zu messen, also etwa den Anteil von weiblichen und männlichen Studierenden oder von Frauen und Männern im Parlament zu vergleichen. Je weniger Frauen vertreten waren, desto weniger Punkte gab es für den Index. Die absolute wirtschaftliche Entwicklung des Landes sollte bei dem Ranking bewusst keine Rolle spielen. Schlusslicht bildet mit Platz 134 der Jemen, Japan nimmt Platz 94 ein, Frankreich 46, die USA 19 und England 15. Die USA schaffen damit zum ersten Mal seit fünf Jahren den Sprung unter die Top 20.
Deutschland leidet darunter, dass Frauen es schwer haben, in Politik und Wirtschaft bedeutende Positionen einzunehmen. Zwar weist der Bericht eine Verbesserung der Stellung von Frauen in der Arbeitswelt aus - im Vergleich mit anderen Staaten hat sich das Land aber weniger angestrengt: "Trotz dieser Gewinne fällt Deutschland im fünften Jahr in Folge zurück, weil andere Staaten größere Fortschritte machten", heißt es in dem Bericht.
An den weiterführenden Schulen und Hochschulen sind Frauen mittlerweile genauso stark vertreten wie Männer. Deutschland kommt in diesem Bereich laut Ranking an die nordischen Länder heran. Doch die gute Ausbildung der Frauen schlägt sich immer noch nicht voll im Arbeitsleben nieder. So ist die Frauenerwerbstätigenquote in Deutschland vergleichsweise niedrig und die Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern sind hoch. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Familienministerin Kristina Schröder zum Trotz spielen Frauen im politischen Leben in Deutschland immer noch eine untergeordnete Rolle. In Parlament und Regierung gibt es gut doppelt so viele Männer wie Frauen. Bei Spitzenreiter Island liegt das Verhältnis bei 55 zu 45 Prozent.
Die Studie aus Davos bewertet nicht die Gleichstellungspolitik, sondern schaut nur auf die Ergebnisse. Dennoch schreiben die Autoren, dass politische Vorgaben wie großzügige Ausstattung mit Kindergartenplätzen, Elternzeit und Frauenquoten zu den guten Ergebnissen der nordischen Länder beigetragen hätten. So müssen die Aufsichtsräte größerer Aktiengesellschaften in Norwegen - ASA genannt - seit Anfang 2008 zu mindestens 40 Prozent mit Frauen besetzt werden. Im Jahr 2003 waren nur sieben Prozent aller Aufsichtsratsposten der ASA weiblich, heute sind es 41 Prozent. Es hat sich sogar gezeigt, dass mittlerweile auch die kleineren Aktiengesellschaften im Schnitt die 40 Prozent Quote für ihre Kontrollgremien erreichen, obwohl sie gar nicht müssen.
In Deutschland ist ein entsprechender Vorschlag immer wieder diskutiert worden, eine Gesetzesinitiative gibt es bisher allerdings nicht. Allerdings hat die Studie des World Economic Forum auch ein Manko. Denn, wenn Männer benachteiligt sind, weil sie beispielsweise an den Universitäten nur noch die Minderheit bilden, wirkt sich das nicht negativ auf die an das Land vergebenen Punkte aus, sondern zählt so viel wie absolute Gleichstellung. So studieren an isländischen Hochschulen fast doppelt so viele Frauen wie Männer - das Land erreicht trotzdem den Topwert in diesem Bereich. Wäre das Verhältnis umgekehrt, wäre der Wert erheblich schlechter.

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